Thema: (Kurzgeschichte) Traumtänzerin
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Alt 13.12.2013, 20:47
cheli24 Weiblich cheli24 ist offline
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Hallo Kitty,

jetzt komme ich auch endlich einmal zu Deiner Kurzgeschichte. Gelesen hatte ich sie ja schon vor geraumer Zeit.

Tja, was soll ich dazu schreiben? Obwohl ich geahnt hatte, auf was es wohl hinaus laufen wird, war ich am Schluss leicht geschockt, als ich die Bilder gesehen hatte. Nee, geschockt ist nicht das passende Wort. Keine Ahnung, mir fällt nicht ein, wie ich den Zustand beschreiben soll.

Die Story hatte mich ein wenig an eine Folge einer ehemaligen US-Serie erinnert, die vor zig Jahren im Fernsehen gelaufen ist. Es war keine Serie im herkömmlichen Sinne. Sie war mehr im Stil von X-Faktor und ähnliche Formate. Die Serie lief ungefähr eine Stunde mit 3 oder 4 Geschichten, die nicht länger dauerten als maximal 10 Minuten.

Dunkel kann ich mich erinnern, dass in jener Folge ein ehemaliges Model die Protagonistin spielte. Durch einen Unfall stark entstellt, hatte sie jungen Mädchen, die große Ähnlichkeit mit ihr hatten, Starthilfe in die Modelbranche geebnet. Diejenigen, die nicht die Attribute hatten, die sie seinerzeit berühmt gemacht hatte, wie z. B. Disziplin oder Ehrgeiz, hatte sie knallhart ausgemustert. Ich kann mich nur noch erinnern, dass sie Anschläge auf die jeweiligen Kandidatinnen in Auftrag gegeben hatte. Selbst ausgeführt hatte sie die Tötungen nie.

Jetzt zu Deiner Protagonistin. Erschreckend gefühlskalt, spielt sie mit der Angst ihrer Opfer. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob irgendeine Tänzerin in ihre Fußstapfen würde treten können. Ich weiß nicht, ob sie insgeheim darauf wartet, dass wirklich einmal die Richtige dabei ist oder dies gar nicht ertragen könnte, wenn Eine besser tanzen könnte als sie. Für sie war der Tanz Berufung. Nur wenige haben das Zeug zu einer Primaballerina. Alice hat den Tanz perfektioniert und ihr Traum war es, diese "Marie" zu tanzen. Doch dieser Traum wurde durch ihren Unfall jäh zerstört. Nun tanzt sie diese Rolle nur noch in ihren Gedanken. Andächtig lauscht sie dabei der Musik, kennt zu jedem Takt die Position. Dunkel muss es dabei sein, nur so kann sie sich konzentrieren, die Musik fühlen. Ja und ich denke, in diesen Momenten „fühlt“ sie auch ihre Beine wieder.

Nun kommt Blondie, ein Mädchen, nicht viel älter als sie selbst. Sie bekommt die große Chance, die „Marie“ zu tanzen und Alice sieht ihre Vorstellung. Keine Ahnung, ob Blondies Tanz tatsächlich so schlecht war wie Alice behauptet. Aber in ihren Augen war es eine schlechte Vorstellung. Nie mehr wird sie in Gedanken diese Anmut und Grazie spüren können, die hat Blondie für immer in ihr zerstört. Hört sie nun dieses Stück wird sie immer Blondie dabei vor Augen haben, wie sie die „Marie“ in den Sand gesetzt hat.

Über Blondie selbst erfährt man nichts. Nicht, ob sie aufgrund ihrer reichen Eltern die Rolle bekommen oder ganz einfach nur die Lobby hatte. Das erinnert mich ein bisschen an den Eiskunstlauf. Meiner Meinung nach eine unfaire Methode, wenn durch Punktrichter Gewinner ermittelt werden. Oftmals entscheidet hier nicht das Können, sondern ob jemand schon einen Namen hat. Aus diesem Grund schaue ich mir schon lange keine Wettkämpfe mehr an. Bei den Olympischen Winterspielen 1992 in Albertville hatte das francokanadische Geschwisterpaar Duchesnay eine perfekte Eistanz-Kür gezeigt. Leider hatten die Punktrichter dies nicht so gesehen und hatten das russische Tanzpaar auf den Goldthron gehoben. Klimova und Ponomarenko waren seinerzeit als entthronte Weltmeister nach Frankreich gekommen. Aber da gibt es Hunderte solcher Beispiele. Aber nun wieder zurück zu Alice.

Hm, war Blondie ihr erstes Opfer? Ich denke eher nicht. Mir erscheint es so, als seien Alice und Oleg ein eingespieltes Team. Er wirkt ebenso gefühlskalt wie sie selbst und zeigt keine Regung, als er diesen Hammer schwingt. Boah. Vermutlich war das nicht deren erstes Attentat.

Und dann dieses Bild am Schluss: blutig, grausam. Man hätte diese Szene kaum in Worte fassen können, denn dieses Bild spiegelt es perfekt wider.

Es ist ja nicht so, dass sie eine Konkurrentin ausschalten wollte, wie 1994 die Eiskunstläuferin Tonya Harding ihre große Rivalin und Landsmännin Nancy Kerrigan. Nein, Alice wollte Blondie vielmehr für ihre schlechte Vorstellung „bestrafen“. Allerdings eine sichtlich brutale Methode.


Das war eine schaurig-schöne Kurzgeschichte, sehr schön geschrieben, vor allem eingangs, als Du den Tanz beschreibst, großes Kino. Man fühlt sich zunächst in dem Rausch des Tanzes gefangen, um dann langsam an die grausame Realität herangeführt zu werden. Stück für Stück, bis es sich offenbart, was den Leser als nächstes erwarten wird. Ebenso tolle Bilder, klasse Ballettposen, gekonnt in Szene gesetzt. Über Deinen Schreibstil muss ich mich nicht mehr äußern, der ist perfekt. Ja und kann mich Zenai nur anschließen, schade dass die Geschichte so kurz ist.


LG cheli24
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KittenUpATree (14.12.2013)