Thema: (Fotostory) Klaudia - Farben der Sehnsucht
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Alt 23.03.2014, 21:05
Stev84 Männlich Stev84 ist offline
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Kapitel 10: Aufsteigender Rauch

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Ich weiß zwar nicht wie sie es angestellt hatte, aber es war Magda doch tatsächlich gelungen, sich einen Job zu angeln. Kaum hatte sie das Konzerthaus verlassen, griff sich auch schon nach ihrem Handy und wählte Rons Nummer. Sie bat ihn zu ihr zu kommen und kurze Zeit später traf er im Park an der Strandpromenade ein. „Ich hab einen Job!“, begrüßte sie ihn laut quietschend, als er zu ihr herüber schlenderte. Dabei klatschte sie euphorisch in die Hände. Ihr Gesicht war ein einziges Grinsen. Und die Freunde über den neuen Job war nicht der einzige Grund dafür. Nachdem Ron sie damals auf der Party versetzt hatte, rechnete sie jedes Mal aufs Neue damit, dass er wieder eine Verabredung platzen lassen würde. Doch heute wurde sie nicht enttäuscht.

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„Das freut mich für dich, Schatz“, erwiderte er und meinte es aufrichtig. „Was sind denn deine Aufgaben?“ „Ach, nichts besonderes“, winkte Magda ab. „Ich soll wohl einfach für die anstehenden Konzerte die Werbetrommel rühren. Flyer verteilen und dabei nett lächeln.“ „Nett lächeln kannst du in jedem Fall“. Bei diesen Worten ergriff Ron Magdas Hände. „Schön, dass du gleich gekommen bist“, hauchte sie und blickte ihn schüchtern an. Ron merkte gleich, dass sie immer noch verunsichert darüber war, dass er der Einladung zu ihrer Party nicht gefolgt war. Er hatte sich zwar schon mehrmals entschuldigt, aber er wiederholte es lieber einmal zu viel als zu wenig. „Ich verspreche dir, dich nie wieder zu versetzten, Schatz. Aber ich hatte sehr wichtige Gründe, warum ich nicht zur Party kommen konnte. Das musst du mir glauben.“

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Mit diesen Worten zog er sie zu sich heran und küsste sie. Magdalena schmolz förmlich dahin. Wer konnte diesen Lippen schon widerstehen? Sie vertraute ihm vollkommen…zumindest fast. Wenn er ihr doch einfach sagen würde, was diese wichtigen Gründe genau waren. Dann wäre alles so viel einfacher. Aber…oh, diese Lippen…



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Da Magda noch am gleichen Tag anfing zu arbeiten, konnte sie mir die gute Neuigkeit erst am nächsten Morgen mitteilen. Obwohl das Austeilen der Flyer insgesamt wenig anspruchsvoll war, war sie immer noch Feuer und Flamme für die Idee, ein Musik-Star zu werden. Sie sprang aufgeregt um mich herum, als sie mir die guten Neuigkeiten überbrachte und ich kann gar nicht sagen wie es passiert war, aber plötzlich rannten wir mit Kissen bewaffnet durchs Wohnzimmer und schlugen laut lachend aufeinander ein. In solchen Momenten war ich richtig dankbar, Magda bei mir zu habe.

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Zur Feier des Tages entschlossen wir uns, unseren neuen Grill einzuweihen. Das Wetter war gut und ich hatte einfach riesigen Hunger auf Würstchen. „Für mich aber nur eines“, betonte Magda. „Ich muss auf meine Linie achten. So ein gesunder Apfel ist da viel besser.“ Sie ging zu unserem Apfelbaum und pflückte eine der reifen, roten Früchte. „Dir würde so ein Apfel übrigens auch nicht schaden, Claude. Ich will ja nichts sagen, aber deine Hose hättest du vielleicht lieber eine Nummer größer kaufen sollen.“ Tja, und das waren die Momente, in denen ich mich zurückhalten musste, Magda nicht die Augen mit der Grillzange auszustechen.

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Und zu allem Überfluss brannten mir die ollen Würstchen auch noch an! Ich wusste selber nicht, wie das passieren konnte. Ich war so damit beschäftigt, mir eine schlagfertige Erwiderung für Magdas letzte Gemeinheit einfallen zu lassen, dass erst der beißende Qualm der zu Steinkohle verbrannten Würstchen mich wieder in die Realität riss.

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Missmutig schaute ich die verbrannten Würstchen an. Vielleicht konnte man die schwarze Kruste ja noch abschaben? Ich packte sie also auf einen Teller und wollte damit in die Küche, als plötzlich Frau Lutzenbacher auf mich zugelaufen kam. „Fräulein Blech! Fräulein Blech!“, rief sie energisch. „So geht das aber nicht! Sie können doch hier nicht so einen Qualm verursachen! Der ganze Rauch von ihrem Grill zieht direkt in mein Schlafzimmer!“

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„Oh, Frau Lutzenbacher, das tut mir aber furchtbar leid“, stammelte ich verlegen. „Das Essen ist einfach in Brand geraten. Ich hab ja gleich versucht es zu löschen, aber dadurch hat der Grill nur noch mehr gequalmt. Entschuldigen sie bitte.“ Doch Frau Lutzenbachers Miene blieb finster. „Das mit dem vielen Qualm ist ja nur der Gipfel“, keifte sie. „Sie hätten uns vorwarnen müssen, dass sie überhaupt grillen wollen!“

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Inzwischen war auch Magda zu uns beiden gestoßen und mischte sich in das Gespräch ein. „Frau Lutzenbacher, richtig? Ich bin Magda, Klaudias Cousine“, stellte sie sich höflich vor, doch Frau Lutzenbacher musterte sie lediglich abschätzig. Magda blieb davon unbeeindruckt und sprach im ruhigen Ton weiter. „Es ist doch ein wenig übertrieben, dass wir ankündigen sollen, wann wir in unserem eigenen Garten grillen. Es ist ja nicht so, dass wir das täglich machen würden.“ Doch Frau Lutzenbacher hörte ihr gar nicht zu. „Genug, reden sie gar nicht weiter. Es gehört einfach zum guten Ton, dass man unter Nachbarn Rücksicht aufeinander nimmt. Oder haben sie schon einmal erlebt, dass wir ihr Haus mit Grillgestank verpestet hätten? Nein! Und jetzt ist alles gesagt. Ich hoffe, so etwas wird nicht noch einmal vorkommen!“

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Ich stand wie angewurzelt da, zu geschockt, um irgendetwas sagen zu können. Frau Lutzenbacher drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verschwand in ihrem Haus. „Blöde Kuh“, hörte ich Magda grummeln. Dann warf meine Cousine einen Blick auf die verbrannten Würstchen und entschied sich lieber eine Kleinigkeit in der Stadt zu essen bevor ihre Schicht begann. Somit blieb ich alleine zurück. Ich nahm mir ein Würstchen, kratzte die Schwarze Kruste ab und begann es zu essen. Und als ich so am Esstisch saß, stiegen die Tränen in mir hoch und ich konnte sie nicht unterdrücken. Ich wollte Frau Lutzenbacher doch nichts Böses.

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Den Rest des Tages verbrachte ich an der Staffelei in der Sicherheit meiner vier Wände. In den Garten wagte ich mich nicht mehr hinaus. Dennoch schweiften meine Gedanken immer wieder zu dem Streit mit Frau Lutzenbacher ab. Hatte meine Nachbarin vielleicht Recht? War ich wirklich zu rücksichtslos gewesen und hätte sie wegen des Grills vorwarnen müssen? Ich war mir vollkommen unsicher. Und eh ich es mich versah, hatte ich eine düstere, schwarz-braune Leinwand vor mir, die exakt das wiederspielgelte, was in meinem Inneren vor sich ging.

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Na toll, jetzt hatte ich auch noch eine Leinwand versaut. Dabei waren die doch so teuer und auf meinem Konto sah es nicht rosig aus. Meine Laune war auf dem Tiefpunkt angelangt, als ich unverhofft eine mir wohlbekannte Melodie von der Straße vernahm. Konnte es sein? Ja, wirklich! Trotz der späten Stunde fuhr ein Eiswagen die Straße herunter. Ich legte Palette und Pinsel hastig beiseite und lief auf die Straße hinaus. „Halt, ich will ein Eis!“, rief ich laut winkend. Der Wagen stoppt und um mich selbst für diesen furchtbaren Tag zu entschädigen, gönnte ich mir ein schönes, großes Erdbeereis mit Streuseln.

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Als Magda von ihrer Arbeit wiederkam, steuerte sie als erstes unseren Tiefkühlschrank an und holte sich ebenfalls ein Eis. In ihren abgetragenen Arbeitsklamotten, die im krassen Gegensatz zu der modischen und femininen Kleidung stand, die sie sonst im Alltag trug, hätte ich meine Cousine kaum erkannt. „Du wirst nicht glauben, wer auch in der Konzerthalle arbeitet, Claude“, begann sie aufgeregt zu erzählen, als ich mich zu ihr an den Tisch setzte. „Der Mann von der ollen Lutzenbacher, Franz Josef! Also wirklich, wer heißt denn heute noch so? Und er arbeitet dort nicht alleine, sondern auch noch mit seiner Tochter. Die hat einen noch bescheuerteren Namen als er. Eulalia. Aber das passt irgendwie, denn sie sieht auch aus wie eine Eule und sollte das Haus lieber nur nachts verlassen.“

Geändert von Stev84 (08.11.2014 um 13:55 Uhr).
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