Thema: (Fotostory) Klaudia - Farben der Sehnsucht
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Alt 28.09.2014, 18:55
Stev84 Männlich Stev84 ist offline
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Kapitel 36: Schlaf gut

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Ich versuchte, nicht mehr an Israel zu denken. Am Anfang fiel es mir schwer, doch mit den Wochen wurde es einfacher. Und als der Sommer kam und der Herbst fast schon wieder in Simskelad Einzug hielt, hatte ich ihn fast vollständig aus meinem Herzen verbannt. Das Gemälde, welches ich nach unserer gemeinsamen Nacht begonnen hatte, musste ich unvollendet lassen. Die Erinnerung tat einfach zu weh. Aber ich widmete mich anderen Bildern und malte inzwischen bevorzugt in der Galerie.

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Da das Malen für mich inzwischen mehr Beruf als Hobby war, beschloss ich, mir zum Ausgleich das Gitarrenspielen beizubringen. Jamie hatte mir die Grundgriffe gezeigt und bei Magda guckte ich mir ein paar fortgeschrittene Techniken ab. Und heutzutage konnte man ohnehin alles übers Internet lernen. Bei Simtube gab es unendlich viele Videos, die einem genau zeigten, was man zu tun hatte. Ich wurde besser und besser und irgendwann traute ich mich sogar, mich vor die Galerie zu stellen und mein Können unter Beweis zu stellen. Der Ansturm war zwar nicht riesig, aber mit einem kleinen Publikum fühle ich mich ohnehin wohler. Und den älteren Damen im Park schien meine Darbietung durchaus zu gefallen, denn sie gaben mir sogar etwas Trinkgeld.

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Eines Tages malte ich wieder einmal in der Galerie uns stellte mich in der Mittagspause vor die Bibliothek und spielte zur Entspannung auf meiner Gitarre. Die Menschen schienen es alle eilig zu haben und liefen an mir vorbei, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Doch das machte mir nichts. Ich spielte ja eigentlich für mich und nicht für sie. Doch einem Menschen schien mein Spielen doch zu gefallen. Interessiert blieb er stehen und lauschte den Klängen, die ich der Gitarre entlockte.

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Ich bemerkte ihn erst so richtig, als ich mein Spiel beendete und die Gitarre abstellte. In die Hände klatschend kam er auf mich zu. „Das hat sich gut angehört. Am Bahngleis entlang, wenn ich mich nicht irre. Ich habe lange gebraucht, bis ich das Stück halbwegs fehlerfrei spielen konnte.“ Die Schamesröte schoss mir bei seinen Worten augenblicklich in die Wangen. Ich war mir erst nicht sicher, ob er sich einen Scherz mit mir erlaubte, doch als ich in sein bärtiges von mittellangen, blonden Harren eingerahmtes Gesicht blickte, konnte ich darin keinen Spott erkennen.

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„Danke“, antwortete ich dennoch verlegen. „Ich spiele noch nicht so lange, aber es macht mir trotzdem viel Spaß. Eigentlich liegt mir das Malen viel mehr. Ich arbeite dort drüben in der Galerie.“ Meine Güte, was war denn mit mir los? Ich redete ja wie ein Wasserfall. Doch scheinbar hatte ich das Interesse meines Gegenübers jetzt erst richtig geweckt. „Du malst also? Hättest du vielleicht Lust, mir deine Bilder zu zeigen?“ Ich war ernsthaft versucht, mir eine Ausrede einfallen zu lassen, warum ich keine Zeit hätte, ihn in die Galerie zu begleiten. Aber dann blickte ich noch einmal in seine schokoladenbraunen, freundlich lächelnden Augen und entschied mich dazu, es einfach zu wagen.

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Also begleitete ich Roman, so stellte er sich mir auf dem Weg vor, in den Ausstellungsraum der Galerie. „Im Moment hängt leider nur ein einziges Bild von mir hier“, erklärte ich und ging zielstrebig auf ein Stillleben zu, welches einen Obstkorb darstellte. „Ich wollte einmal ausprobieren, ob ich auch gegenständlicher malen kann. Normalerweise fallen meine Bilder abstrakter aus.“ Meine Worte klangen fast wie eine Entschuldigung. Melinda meinte, es wäre eine gute Idee, wenn ich mich mal ausprobierte, doch ich war mir unsicher, ob ein Stillleben mit Obst nicht zu kitschig war. Doch Roman wirkte sehr angetan. „Kleckse und Striche kann doch jeder malen. Aber das hier ist wirklich eine Leistung. Ich bin beeindruckt.“

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Seine Worte machten mich richtig stolz, also bot ich Roman an, ihm auch das Atelier im ersten Stock zu zeigen, wo ich gerade an zwei neuen Bildern malte. Die Leinwände waren zum größten Teil noch leer, von einigen groben Umrissen abgesehen. Ich schnappte mir einen Pinsel und die Farbpallette und füllte ein paar dieser Konturen großflächig aus. Roman blickte mir dabei interessiert über die Schulter. Auf einmal stand er so dicht hinter mir, dass ich seinen warmen Atem in meinem Nacken spüren könnte und ein Schauer durchfuhr meinen Körper. Dieser Mann brachte mich ganz durcheinander.

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Ich weiß nicht, wie lange er mir beim Malen zusah. Mir kam es wie Stunden vor, in denen ich mich nur auf seinen Atem in meinem Nacken konzentrieren konnte. Als ich am nächsten Tag auf die Leinwand blickte, war ich entsetzt, was ich in dieser Zeit mit meinem Bild angestellt hatte. Lauter Pinselstriche, die dort nichts zu suchen hatten. Es würde Stunden dauern, die Fehler wieder zu übermalen. Wer weiß, was ich noch alles mit dem Bild angerichtet hätte, hätte Roman nicht gefragt, ob ich einen Kaffee mit ihm trinken wolle. Und wie ich wollte. Ich genoss die Zeit mit ihm wirklich. Also schlenderten wir gemeinsam zu einem nah gelegenen Café.

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Da ich an diesem Nachmittag noch nichts gegessen hatte, bestellten wir uns statt des Kaffees dann doch lieber etwas Süßes. Und Roman erzählt mir von seinem Job beim Militär. Langweiliger Papierkram im Büro laut seiner Aussage. Aber dafür hatte er mittwochs den Nachmittag frei und hat mich dadurch erst auf der Straße spielen sehen. Ich war ungewohnt entspannt in Romans Nähe und wenn ich ihn so betrachtete, dann schien er sich auch in meiner Nähe ganz entspannt zu fühlen. Er hatte zumindest keinerlei Scheu herzhaft in seinen Donut reinzubeißen und sich dabei den ganzen Mund mit Schokolade zu beschmieren. Wir mussten beide herzlich lachen, als er versuchte, sein Gesicht mit der Papierserviette wieder halbwegs sauber zu bekommen.

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Ich gönnte mir eine sehr lange Mittagspause. Doch irgendwann musste ich zurück in die Galerie, denn Melinda wollte mit mir über eine weitere Ausstellung sprechen. Ich hatte Angst, mich von Roman zu verabschieden, denn dann würde er vermutlich aus meinem Leben verschwinden und ich würde ihn nie wieder sehen. Doch als ich ihm mitteilte, dass ich nun gehen müsste, fragte er mich sofort nach meiner Handynummer. Überglücklich sagte ich sie ihm und er klingelte auch gleich beim mir durch um sicherzugehen, dass er sie sich auch korrekt notiert hatte.

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Ich wusste, dass ich mich mit meiner Freude zurückhalten sollte. Zu oft war ich in der Vergangenheit enttäuscht worden, weil ich zu viel in die Begegnungen mit Männern hinein interpretiert hatte. Ja, ich mochte Roman und es schien auch so, als ob er mich mögen würde. Aber diesmal würde ich es ruhiger angehen lassen. Auch Israel hatte meine Nummer gehabt und versprochen, sich zu melden. Getan hat er es trotzdem nicht. Doch es wurde schwer, sich keine Hoffnungen zu machen, als Roman zum Abschied meine Hand nahm und mir versicherte, dass er diesen Nachmittag sehr, sehr genossen hätte. Ach verdammt, ich glaube, ich war schon wieder dabei, mich Hals über Kopf zu verlieben.

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Als ich abends gerade ins Bett gehen wollte, vibrierte plötzlich mein Handy. Und ich hätte nicht überraschter, und vor allem nicht glücklicher sein können, als ich Romans Namen im Display las. „Ich werde heute Nacht ganz sicher von dir träumen. Schlaf gut“, lautete seine Textnachricht. Ich drückte das Handy fest an meine Brust. Oh ja, ich würde heute Nacht gut schlafen und hoffentlich auch von ihm träumen.

Geändert von Stev84 (08.11.2014 um 14:52 Uhr).
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