Thema: (Fotostory) Klaudia - Farben der Sehnsucht
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Alt 26.10.2014, 20:58
Stev84 Männlich Stev84 ist offline
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Kaptitel 39: Date mit einem Unbekannten

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In dieser Nacht blieb ich bei meinen Eltern. Inzwischen hatten sie das Gästezimmer ausgebaut, sodass ich einen festen Platz zum Schlafen hatte. Als ich alleine im Zimmer war, starrte ich zufrieden an die Decke. Ich würde heiraten! Ich würde tatsächlich heiraten! Heute Nachmittag hätte ich das noch nicht für möglich gehalten. Die Aussicht auf eine baldige Hochzeit hatte alle trüben Gedanken und den Schmerz bei der Erinnerung an Roman verdrängt. Als meine Mutter in das Zimmer kam fürchtete ich kurz, sie wolle mir die arrangieret Hochzeit doch noch ausreden. Doch sie hatte ein anderes Anliegen auf dem Herzen. „Wie sollen wir das bloß deinem Vater erklären?“, fragte sie nachdem sie den Stuhl ans Bett geschoben und sich gesetzt hatte.

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Über Papa hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Aber ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er mit einer arrangierten Hochzeit nicht einverstanden gewesen wäre. Und meine Mutter wusste das auch. „Ich will ihn nicht anlügen müssen“, gestand sie. Doch darüber wollte ich mir keine Gedanken machen. Zumindest noch nicht. Erst einmal wollte ich diesen Mann kennenlernen, den Tante Joanna für mich ausgesucht hat. Und wenn ich wirklich bereit war, ihn zu heiraten, dann würde ich auch einen Weg finden, es meinem Vater zu erklären. Und wer weiß, vielleicht würde ich mich im ersten Augenblick unsterblich in diesen Mann verlieben? In diesem Fall gäbe es überhaupt kein Problem und ich könnte Papa erklären, dass ich die Liebe meines Lebens gefunden hatte.

*****

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Ich schlief erstaunlich tief und gut in dieser Nacht. Und als ich am Morgen erwachte, hatte sich nichts an meiner Entscheidung geändert, das Angebot meiner Tante, eine Ehe für mich zu arrangieren, anzunehmen.

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Bestärkt wurde ich in meiner Entscheidung zusätzlich dadurch, dass Mama nicht noch einmal versuchte, mir die Sache auszureden. Beim Frühstück mit meinem kleinen Bruder Sky wirkte sie zwar mürrischer als sonst, aber darüber hinaus kamen keine Einwände mehr von ihrer Seite. Offenbar hatte sie eingesehen, wie glücklich es mich machen würde, zu heiraten und eine Familie zu gründen, auch wenn es auf eine ehr unorthodoxe Art und Weise erfolgte.

*****

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Daher rief ich kurz darauf bei Tante Joanna an und teilte ihr meine Entscheidung mit. Wenige Minuten später rief sie zurück und verkündete, dass ich meinen zukünftigen Ehemann noch am heutigen Abend kennenlernen würde. Anschließend kam sie zu meinen Eltern und half mir dabei, mich für den Abend vorzubereiten. „Ich habe dieses Kleid für dich rausgesucht“, erklärte sie und hielt ein teuer aussehendes Cocktailkleid aus einem goldglänzenden Stoff hoch. Nachdem ich mich umgezogen hatte, half sie mir noch dabei, meine Haare herzurichten und legte mir zum Abschluss ein Haarband an, welches meine Mähne im Zaun halten sollte.

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Offenbar war Tante Joanna zufrieden mit dem was sie sah. Und ich…ich fühlte mich fast wie eine Prinzessin. „Das Taxi wird gleich hier sein, um dich zu den Restaurant zu fahren, wo dein möglicher Verlobter, Francesco, auf dich warten wird“, erklärte sie. „Es wird für alles gesorgt sein, du musst dich also um nichts weiter kümmern. Solltest du nach diesem Treffen feststellen, dass du Francesco nicht heiraten kannst oder willst, dann brauchst du es nur zu sagen. Ich werde dich zu nichts drängen. Aber heute ist deine letzet Chance, um noch einen Rückzieher zu machen.“ Ich hatte verstanden und nickte.

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Mit klopfendem Herzen stieg ich in das Taxi, das vor dem Haus meiner Eltern wartete. Wie würde der Mann wohl sein, denn Tante Joanna für mich ausgesucht hat? Ob er mir gefallen würde? Und würde auch ich ihm gefallen? Ich war furchtbar aufgeregt. Mama war mir in dieser Situation leider keine große Hilfe, denn statt mich zum Abschied in den Arm zu nehmen und mir Mut zuzusprechen, beobachtete sie nur schweigen und mit finsterer Miene, wie ich in das Auto stieg. Die Fahrt ging zu dem gleichen Gebäude, in dem sich auch das chinesische Restaurant befand, in dem ich mich mit Roman getroffen hatte. Ob das ein schlechtes Zeichen war? Aber immerhin würden wir nicht genau dort, sondern in einem anderen Restaurant eine Etage höher essen. Als ich eintraf, war von meinem zukünftigen Verloben noch weit und breit nichts zu erkennen. Ich stellte mich also vor das Schaufenster des Antiquitätenhändlers und beobachtete jeden Mann genau, der vorbeikam. Doch keiner schien mich auch nur wahrzunehmen. Keiner, bis auf einen großen, dunkelhaarigen Mann im schwarzen Anzug, der zielstrebig auf mich zuschritt. „Guten Abend“, begrüßte er mich mit fester Stimme. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass es sich bei Ihnen um Fräulein Blech handelt?“

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„Ja…ja genau“, begann ich zu stottern. „Ich bin Klaudia, Klaudia Blech.“ Der Mann kam noch einen Schritt auf mich zu, wobei er mir tief in die Augen blickte. Dann nahm er meine Hand und führte sie an seine Lippen. „Es freut mich, Sie kennenzulernen. Ich bin Francesco“, stellte er sich vor, als er meine Hand wieder losließ. „Ich möchte betonen, dass sie bezaubernd aussehen“, fuhr er fort. Die Schamesröte schoss mir unausweichlich in die Wangen bei diesem Kompliment. Aber ich konnte nicht behaupten, dass ich es nicht gerne gehört hätte.

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„Wir sollten am besten direkt hinauf ins Restaurant gehen“, schlug Francesco anschließend vor und ich nickte zaghaft. Galant hielt er mir die Tür auf und ließ mir den Vortritt beim Betreten des Gebäudes und auf dem Weg die Treppe hinauf. Obwohl ich schon oft im Antiquitätenladen eingekauft und im Chinarestaurant gegessen hatte, war mir das Restaurant in der oberen Etage völlig unbekannt. Und als wir es betraten, wurde mir auch klar weshalb. Es war sehr edel eingerichtet, mit hochwertigen Seidentapeten und dunkler Holzvertäfelung an den Wänden, schweren Vorhängen an den Fenstern und strahlendweißen Damastdecken auf den Tischen. Ich war mir sicher, dass ich mir ein Essen hier normalerweise nicht hätte leisten können. Francesco geleitete mich zu einem Tisch in der Mitte des Raumes und rückte mir den Stuhl zurecht, als ich mich setzte.

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An der Rückwand des Raumes war ein großer Kamin installiert, in dem ein prasselndes Feuer loderte. Als ich mich umsah fiel mir auf, dass außer Francesco und mir niemand sonst im Restaurant anwesend war. Die übrigen Tische waren alle leer, was mir etwas ungewöhnlich erschien. Es war zwar noch früh am Abend, aber ein paar Leute würden bestimmt dennoch schon ausgehen. Hatte Tante Joanna das so arrangiert? Francesco riss mich aus meinen Gedanken, als er das Wort an mich richtete: „Ihre Tante erwähnte, dass Sie Malerin sind? Sie sollen auch recht erfolgreich sein.“ Ich war froh, dass wir ins Gespräch kamen und nickte eifrig. „Ja, erst vor einigen Wochen hatte ich eine Ausstellung mit Landschaftsbildern in der örtlichen Galerie. Demnächst sollen einige meiner Bilder sogar in einer Galerie in SimCity ausgestellt werden. Ich bin schon richtig aufgeregt deswegen.“

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„Nun, ich bin sicher, dass die Ausstellung ein Erfolg wird“, erwiderte Francesco knapp und verstummte danach wieder. Und schon war unser Gespräch beendet. Das war zwar schade, aber in diesem Moment nicht allzu schlimm. Denn so konnte ich ganz in Ruhe den Mann begutachten, der vor mir saß. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass Tante Joanna mir einen so ansehnlichen Mann präsentieren würde. Insbesondere Francescos eisblaue Augen in Kombination mit den dunklen Haaren hatten mich vom ersten Augenblick an in ihren Bann gezogen. Für einen Moment drängte sich mir die Frage auf, warum solch ein gutaussehender Mann auf eine arrangieret Ehe angewiesen war. Doch dieser Gedanke wurde von dem starken Gefühl verdrängt, dass ich ihn von irgendwoher kannte.

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„Kann es sein, dass wir uns schön einmal begegnet sind?“, fragte ich ihn daher, weil mich das Gefühl nicht mehr loslassen wollte. „Sie kommen mir so vertraut vor.“ Francesco legte den Kopf leicht zur Seite und zog die Augenbrauen zusammen. Und dann meinte ich, dass sich seine Wundwinkel kurz zu einem spöttischen Lächeln verzogen hätten. Doch das hatte ich mir sicher nur eingebildet. „Wir sind uns sicher schon das ein oder andere Mal zuvor auf der Straße über den Weg gelaufen“, erwiderte er nach einer kurzen Pause. „Immerhin ist Rodaklippa nicht groß und wir leben beide hier. Ich bin mir aber sicher, dass wir uns nie vorgestellt worden sind. Aber nun haben wir genug geredet. Wir sollten jetzt bestellen.“

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Nun, wirklich viel hatten wir ja noch nicht gerade geredet. Aber da er die Karte aufschlug, die auf dem Tisch vor ihm lag, tat ich es ihm gleich. Ein Blick auf die Preisliste reichte um mich schwindelig zu machen. Tante Joanna hatte mir zwar versichert, dass ich heute eingeladen würde, aber ich fühlte mich dadurch nur noch mehr dazu gedrängt, etwas besonders günstiges auszuwählen. Erschwerend kam hinzu, dass die gesamte Karte auf Französisch verfasst war. Das ein oder andere Wort kam mir vertraut vor, doch ich hatte nicht die geringste Ahnung, was ich mir unter Cuisse de poularde et sa sauce au champagne et riz aux légumes oder Duo de saumon et de sandre avec sa mousse au Pernod vorstellen sollte. Und ich wollte auch nicht fragen, um vor Francesco dumm da zustehen. Aber halt, das kannte ich: Coq au vin!

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Ich war noch damit beschäftigt, die Karte nach weiteren vertrauten Gerichten abzusuchen, als ein Mann an unseren Tisch trat. „Haben die Herrschaften bereits gewählt?“, fragte er höflich. Ich schaute von der Karte auf und war überrascht, statt eines Kellners einen Koch vor mir stehen zu sehen. Da er mich erwartungsvoll anblickte, wollte ich ihm gerade mittteilen, dass ich notgedrungen den Coq au vin bestellen wolle, als mir Francesco ins Wort fiel.

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„Wir nehmen beide den Hummer mit Kürbis und Ragout aus Jakobsmuscheln, Jacques. Und als Vorspeise die klare Suppe mit Zanderklößchen.“ Hummer? Jakobsmuscheln? Aber ich wollte doch das Hähnchen! Mein Mund bewegte sich protestierende, doch wie so oft brachte ich keinen Ton hervor. Und da Francesco nicht einmal in meine Richtung blickte, bemerkte er meinen stummen Protest nicht. Und auch der Kellner-Koch schien ihn nicht zu bemerken oder ignorierte ihn einfach. Stattdessen notierte er Francescos Bestellung in seinem kleinen Block. Für ihn schien ich auf einmal Luft zu sein. „Soll ich dazu wie üblich den Le Bosc Chardonnay-Sauvignon reichen?“, fragte er Francesco weiter und dieser bestätigte mit einem Kopfnicken. Und als keine weiteren Wünsche geäußert wurden, verabschiedete sich der Kellner-Koch mit einer knappen Verbeugung und verließ den Raum.

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Ich fühlte mich gekränkt dadurch, dass Francesco einfach für uns beide bestellt hatte, ohne auch nur einmal zu fragen, was ich essen wollte oder sich wenigstens zu versichern, dass ich mit seiner Wahl einverstanden war. Aber andererseits hatte es den Anschein, als ob er wohl öfters zu Gast in diesem Restaurant war. Immerhin kannte er sogar den Namen des Kellner-Kochs. Vielleicht wusste er daher ganz genau, welche Speisen besonders zu empfehlen waren? Ich versuchte, diesem Verhalten keine zu große Bedeutung beizumessen. Doch da wir uns die meiste Zeit anschwiegen, während wir auf das Essen warteten, war es nicht gerade einfach, nichts ins Grübeln zu verfallen. Ich war daher sehr froh, als die Tür aufschwang und der Kellner-Koch mit einer Serviertellerglocke in der Hand den Raum betrat.

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Die Suppe mit den Zanderklößchen war köstlich, doch dann wurde der Hummer serviert, vor dem ich mich schon die ganze Zeit gefürchtet hatte. Ich mochte Hummerfleisch, so war es nicht, aber bislang hatte ich es noch nie selbst aus der Schale herausholen müssen. Ich erinnerte mich noch zu deutlich daran, wie ich vor einigen Jahren im Familienurlaub in Spanien eine Garnele aus ihrer Schale befreien wollte und dabei meine ganze Bluse mit dem roten Saft einsaute. Aus diesem Grund hätte ich von mir aus niemals einen Hummer geordert. Ich wollte doch einen guten Eindruck bei Francesco hinterlassen. Aber es half ja nichts, der Hummer stand vor mir und ich musste ihn essen. Also nahm ich meine Gabel und begann meinen Kampf mit dem Krustentier, in der Hoffnung, dass Francesco nicht ganz so aufmerksam hinsehen würde.

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Um von meinem Ungeschick abzulenken, versuchte ich noch einmal ein Gespräch mit Francesco zu beginnen. „Sie haben noch gar nicht erzählt, was Sie beruflich tun.“ Da war es doch wieder, dieses spöttische Lächeln! Doch dann begann Francesco tatsächlich zu erzählen. „Ich beschäftige mich mit dem Im- und Export von Weinen. Meiner Familie gehört schon seit Jahrzehnten ein Weinberg hier in Rodaklippa, so bin ich auf dieses Geschäft gekommen. Um den Anbau und die Herstellung des Weines kümmern sich meine Mutter und meine jüngere Schwester. Ich habe es mir hingegen zum Ziel gesetzt unseren eigenen Wein, aber auch andere Weine der Region, in der ganzen Welt bekannt zu machen.“ Ich wusste nicht, ob es an dem Glas Wein zuzuschreiben war, welches Francesco zum Essen getrunken hatte, aber auf einmal wurde er richtig redselig. Er begann von seinen Geschäftsreisen in die ganze Welt zu erzählen, um neue Absatzmärkte für den Wein seiner Familie zu erschließen und im Gegenzug den ein oder anderen guten Tropfen in die SimNation einzuführen.

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Und auf einmal unterhielten wir uns richtig gut. Francesco wusste jede Menge Anekdoten von allen fünf Kontinenten zu erzählen. Und ich erzählte ihm von den Reisen, die ich als junges Mädchen mit meinen Eltern unternommen hatte, und natürlich von meiner jüngsten Reise mit Magda nach China. Das war vielleicht nicht ganz so aufregend, wie das was er schon erlebt hatte, aber er lauschte meinen Erzählungen dennoch aufmerksam.

Geändert von Stev84 (02.11.2014 um 19:59 Uhr).
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