Kapitel 7 - Sternschnuppenkind
Eigentlich wollte Yuki sich schon schlafen gelegt haben, doch etwas hielt sie wach. Ein kleiner Gedanke, ein Wunsch, hatte sich in ihrem Kopf eine kleine Ecke gesucht und es sich dort breit gemacht. So sehr sie sich auch ablenkte und auf andere Sachen konzentrierte, in ihren schwachen, unkonzentrierten Momenten kam dieser Gedanke lautstark wieder zum Vorschein. So wie jetzt auch. Ihr Blick wanderte durch das Schlafzimmerfenster aufs Meer hinaus.
Der Anblick war beruhigend. Leise ging hinter ihr die Tür auf und Jared kam herein.
Überrascht schaute er sie an: "Hab ich dich wach gemacht? Entschuldige Yuki, aber Milo wollte einfach keine Ruhe geben."
Doch Yuki schüttelte nur schnell den Kopf.
"Nein, nein. Du hast mich nicht wach gehalten." Ihr Blick wanderte wieder durch das Fenster und zum Sonnenuntergang.
"Ist der nicht einfach nur schön?"
Jared ging zu ihr, schaute ebenfalls aus dem Fenster und dann zu Yuki.
"Komm!", sagte er nur, griff sich ihre Hand und zog sie hinter sich her.
"Was hast du vor?" Doch Jared antwortete nicht und zog sie wortlos mit.
Als er durch den Garten hinter das Haus ging, wusste sie schon, was er vor hatte.
Wieso war sie nicht selbst darauf gekommen?
Beide ließen sich auf dem warmen, trockenen Gras nieder und schauten in den Himmel.
"Sieh mal, Jared. Die ersten Sterne und... war das gerade eine Sternschnuppe?" Aufgeregt deutete sie mit dem Finger in den Himmel.
Etwas skeptisch schaute Jared ebenfalls zu der gedeuteten Stelle.
"Eine ... Sternschnuppe. Du weißt schon, dass die Sonne noch nicht ganz untergegangen ist und es sehr unwahrscheinlich ist, dass du eine Sternschnuppe gesehen hast?" Im selben Moment hätte er sich auf die Zunge beißen können. Das er mit solchen Sprüchen die romantische Stimmung versauen würde war ja mehr als klar. Leider ist sein Mundwerk wie so oft schneller als der klare Gedanke. Doch Yuki schien sich nicht weiter zu stören. Ihre Augen funkelten und strahlten.
"Ich bin mir sicher, dass es eine Sternschnuppe war."
Dann sah sie ihn an. "Ich hab mir auch etwas gewünscht."
"Achja? Was hast du dir denn von der imaginären Sternschnuppe gewünscht?", grinste Jared.
"Ich will noch ein Kind von dir. Am Liebsten ein Mädchen."
Er konnte nicht anders und starrte sie an. Und starrte... und starrte. Er wusste nicht was man auf sowas antworten sollte. Er wusste ja nicht einmal ob er sich über ihren Wunsch freuen würde. Die Unsicherheit bemerkte Yuki natürlich sofort, sagte aber nichts. Sie warteten noch bis die Sonne gänzlich untergegangen und hinter dem Meer verschwunden war. Schweigend gingen sie zu Bett. Jeder für sich. In dieser Nacht fand nur Milo ruhigen Schlaf. Yuki lag wach und machte sich Vorwürfe, dass sie ihren Freund vielleicht zu sehr mit ihrem Wunsch unter Druck gesetzt hätte. Jareds Gedanken hingegen entwickelten sich in eine Richtung aus Freude und Angst. Angst davor, dass er bald nicht mehr in der Lage sein könnte, die Familie zu ernähren.
Der Kaffeegeruch strömte durch das Haus und kitzelte die Lebensgeister in Yuki wach. Verschlafen folgte sie diesem köstlichen Geruch. Auf dem Weg zu Küche sah sie, wie Jared am Laptop saß und sich freute.
"Morgen", gähnte sie, ging in die Küche und kam mit einem vollen Becher mit Kaffee wieder. "Was freust dich denn so? Haben wir etwa im Lotto gewonnen?" Während sie das fragte, las sie die Mail durch, die Jared bekommen hatte. Schlagartig war sie wach und gab einen Freudenschrei von sich.
"Oh mein Gott, dass ist ja wunderbar! Du hast den Job bekommen!"
"Scheint so..."
Immer noch perplex saß Jared da und las sich die Mail zum zehnten Mal durch. DAS änderte jetzt alles.
"Yuki... Ich will noch ein Kind."
"Auf einmal?"
"Jetzt sind wir ja abgesichert", lachte er.
Das weitere Gespräch verlegten sie dann auch ins Schlafzimmer.
Der Tag konnte einfach nicht besser starten. Die Sonne schien, ein weiteres Kind war geplant, Jared hatte einen Job und es war Wochenende. Da auch Milo ziemlich gut drauf war, gingen sie an den Strand.
Es war schon ein bisschen kühler geworden, was die meisten Besucher vom Baden abhielt. So aber nicht Jared. In seiner Jugend hatte er einen ganzen Sommer lang Surfunterricht genommen und stand wie 'ne 1 auf dem Brett.
Yuki hatte sich auch einmal an der Sportart versucht, musste aber schnell feststellen, dass das nicht so ihr Ding war. Sie blieb lieber beim Tauchen. Doch ihr Hobby konnte sie heute nicht in Angriff nehmen, da jemand auf Milo aufpassen musste. Milo war ganz aufgeregt und hüpfte wild in seinem Kinderwagen rum. Immer wieder zeigte er mit seinen kleinen Fingern auf alle möglichen Sachen - die Muscheln, Steine, Möwen und den Leuchtturm.
"Mami, Mami, schau mal!"
"Ja Spätzchen, das ist ein Leuchtturm."
"Können wir da wohnen?" Lachend schüttelte Yuki den Kopf.
"Tut mir leid mein Schatz, aber das ist leider zu teuer."
"Wenn ich groß bin, Mami, kaufe ich dir einen Leuchtturm."
Seit ein paar Tagen konnte Milo sprechen und hörte nicht mehr auf zu plaudern. Manchmal nervte es, wenn sie zum Beispiel versuchte in Ruhe ein Buch zu lesen, aber die meiste Zeit liebte sie es.
Bevor es am Abend für Milo ins Bett ging, las sie ihm noch aus einem Bilderbuch vor. Es ging um einen kleinen Bären, der ein kleines Geschwisterchen bekommen würde. Milo war ganz fasziniert und machte dieses Buch zu seinem offiziellen Lieblingsbuch .
Der nächste Morgen brachte schlagartig die Bestätigung. Die berühmte morgendliche Übelkeit setzte ein und hielt auch den ganzen Tag. Yuki musste nicht lange überlegen und auch nicht googeln - sie war schwanger!
Am Liebsten hätte sie Jared sofort Bescheid gegeben, doch der musste sich leider früh morgens von ihr verabschieden. Obwohl er den neuen Job als Polizist sicher in der Tasche hatte, musste er einen Einführungskurs machen, der zwei Tage in Anspruch nahm. Ausgerechnet jetzt.
Schnell zückte sie ihr Handy und machte ein Foto von dem positiven Schwangerschaftstest. Keine zehn Sekunden später klingelte dann auch ihr Handy und Jared war außer sich vor Freude. Leider konnte er nicht lange telefonieren, da der Kurs viel Zeit in Anspruch nahm. Er versprach allerdings, so schnell wie möglich wiederzukommen um ihr bei der restlichen Schwangerschaft zu helfen.
Wie schon auch die letzte Schwangerschaft verbrachte Yuki viel Zeit mit lesen und malen.
Durch das Malen konnte sie ein bisschen Geld nebenbei verdienen.
Doch es dauerte nicht lange bis ihr runder Bauch ihr im Weg stand und sie sich nicht mehr vernünftig zur Leinwand beugen konnte.
"Milo, wollen wir zusammen in die Bücherrei gehen? Die haben da ganz viele Bücher und tolle Spielsachen!"
"Jaaaaa!", freute sich der Kleine. Sie konnte es kaum erwarten, bald in zwei strahlende Gesichter gucken zu können. In Milos und das seines Geschwisterchens.
In der Bücherei war nicht ganz so viel los, wie Yuki erwartet hatte. Der Herbst war angebrochen und viele genossen diese harmonische und gemütliche Zeit Zuhause. Sie war schon öfters hier gewesen und mochte die Atmosphäre. Egal wo man hinschaute, es stand dort ein Regal mit Büchern. Für Milo gab es auch eine kleine Ecke, in der er ungestört mit anderen Kindern spielen konnte.
"Meine Mama bekommt ein Baby!", erzählte Milo stolz. Das kleine Mädchen neben ihn schaute ihn an und legte den Kopf schief.
"Ein Baby? Wo ist das?"
"In ihrem Bauch!"
"Und wie ist das da hin gekommen?"
Nachdenklich kratzte sich Milo mit seinem kleinen Zeigefinger am Kopf.
"Das weiß ich auch nicht. Es ist plötzlich da."
Während der ganzen Autofahrt nervte Milo Yuki mit der Frage wo denn die Babys herkommen würden. Wie sollte sie das einem 3-Jährigen Kinderfreundlich erklären?
"Weißt du Spätzchen, wenn sich die Mama und der Papa sowas ganz doll wünschen, passiert sowas mal. Und die Mama hat sich das Kind auch von einer Sternschnuppe gewünscht und dann war sie schwanger."
Ihre Erklärung war mehr als erbärmlich und sie hatte selbst nur Bahnhof verstanden. Für Milo hat ihre Erklärung scheinbar Sinn ergeben, denn er gab Ruhe und dachte über das Leben nach.
Kinder sind also Sternschnuppenwünsche.
Zuhause erwarteten die Beiden eine große Überraschung. Jared war wieder da.
"Paaapaaaa!" Sofort stürmte Milo auf seinen Vater zu, der sich spielerisch zu Boden fallen ließ. "Hallo mein Großer. Hast du gut auf die Mama aufgepasst?"
Stolz nickte Milo und fügte noch schnell hinzu: "Aber Mama ist ganz dick. Wegen dem Sternschnuppenkind." Dann tappste er die kleine Wendeltreppe hinauf und ging in sein Zimmer spielen. Fragend sah er Yuki an, die ihn freudestrahlend umarmte.
"Sternschnuppenkind? Hat er das von dir?"
"Er hat gefragt, wie das Baby in meinen Bauch gekommen ist."
"Sternschnuppenkind klingt gut. Bleiben wir dabei, bis er 18 ist", grinste er und legte sanft eine Hand auf ihren runden Bauch. Als hätte das kleine Sternschnuppenkind die Anwesenheit seines Vaters bemerkt, fing es auch schon heftig an zu treten.
"Ich kann es kaum erwarten, dass es endlich kommt. Dauernd muss ich pinkeln." Genervt verzog Yuki das Gesicht. So schön schwanger sein auch sein konnte, es hatte auch ein paar nicht so angenehme Nebenwirkungen.
"Du hast es ja bald geschafft", versuchte Jared sie zu trösten und legte ein Ohr an ihren Bauch.
"Jedenfalls bin ich froh, dass du da bist. Ich weiß nicht, ob ich es alleine geschafft hätte." Alleine der Gedanke an die Geburt, bereitete ihr schon Magenkrämpfe. Auch jetzt wieder. Und sie waren schlimmer als sonst.
Ruhig atmend presste sie ihre Hände gegen den Bauch.
Dann ging alles ganz schnell. Die Fruchtblase war geplatzt, Jared rannte wieder wie beim letzten Mal wie ein verrückter durch die Wohnung und Yuki organisierte einen Babysitter, den sie vorher schon auf den Fall der Fälle vorbereitet hatte.
Im Krankenhaus verlief die Geburt ohne Komplikationen und die kleine
Mira kam gesund und munter auf die Welt.
"Willkommen Zuhause, Mira!"
Mira Summer ♀
• Chaotin
• Begeistert