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Alt 17.03.2015, 18:27
Minchen Weiblich Minchen ist offline
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Standard 1. Generation, Yuki/Jared

* Specialkapitel – Haus Nr. 7*

Der nächtliche Schneefall lag noch unangetastet auf den Straßen der kleinen Stadt. Kaum einer war um diese Uhrzeit schon unterwegs und traute sich auf die vereisten Straßen. Ganz langsam fuhr Jared die Häuserblöcke entlang, bog mehrfach ab und musste des öfteren sanft auf die Bremse treten, da das Auto zu rutschen drohte. Neben ihm auf dem Beifahrersitz saß seine Kollegin und Partnerin Naomi. Es war eindeutig noch zu früh um tiefsinnige Diskussionen führen zu können und so schwiegen sie und lauschten den Nachrichten, die von einem gähnenden Radiomoderator vorgelesen wurden. Schießerei, Prügelei, Einbrauch. Dinge, mit denen sich Jared und Naomi an manchen Tagen auseinandersetzen mussten. Doch dieser Fall war anders.

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„Denkst du, dass sie es schon weiß?“, fragte Naomi und beobachtete weiter die vor ihr liegende Straße.

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„Hmmm...“, kam nur von Jared als Antwort. Er hatte sich die Frage auch schon mehrfach selbst gestellt und keine Antwort darauf gefunden.
„Ich weiß es nicht. Wäre möglich. Für sie wäre es besser, für uns schlecht.“

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Vorsichtig bremste er ab und bog das Auto in eine kleine Wohnsiedlung ein. Ihr Ziel – das Haus Nr. 7. Die Vorgärten der Häuser sahen alle gleich aus. Spießige Möbel und runde Schneemänner. Alles war an seinem Fleck, so wie es sich für solch eine Wohngegend gehörte.
„Denkst du, die messen den Standort der Schneemänner aus, damit die ins Gesamtbild passen?“, grinste Naomi als hätte sie seine Gedanken gelesen. Als Antwort ließ Jared nur ein lachendes grunzen ertönen. Vorstellen konnte er es sich. Dann waren sie in der Straße angelangt, in der sie lebte. „1...3....5 und da ist die 7.“ Um nicht aufzufallen fuhr Jared noch zwei Nummern weiter und parkte das Auto an der Straße so, dass er einen guten Blick auf das Haus Nr. 7 hatte. Jetzt kam der langweiligste Part ihrer Arbeit. Warten und beobachten. Auch Naomi stöhnte und kramte in ihrer Handtasche herum. Zum Vorschein kamen dann zwei Donuts und eine Kanne mit heißem Kaffee.
„Findest du das nicht ein bisschen Klischeehaft?“, lachte Jared und deutete auf die verpackten Donuts. „Und die Brillen sind kein Klischee bei verdeckten Ermittlungen? Das war nämlich deine Idee“, konterte Naomi und schmiss ihm eines der runden Gebäcke auf den Schoss.
„Die kommen halt unheimlich gut rüber. Außerdem stehen mir solche Brillen und wer möchte denn nicht von einem gut aussehenden Polizisten festgenommen werden?“
Dann griff auch Jared in seine Tasche und holte eine gelbliche Akte mit einem Foto heraus. Auf dem Foto war eine junge, hübsche Frau mit kastanienbraunen Haaren und grünen Augen abgebildet. Sie war kreidebleich und ihr Blick starrte ins Leere.
Neugierig lehnte sich Naomi zu Jared und schnappte ihm die Akte aus der Hand.
„Ist sie das?“, fragte sie nur und las im selben Zug ein paar Sätze durch. Ihr Finger sprang dabei von Zeile zu Zeile.
„Miriam Smith, 29 Jahre alt, ledig... Moment mal, ledig? Ich dachte, sie wäre mit diesem Frank zusammen? Ein Killerpaar wie Bonnie und Clyde“, fragend schaute sie zu ihrem Partner, der nur mit den Augen rollte. Sehen konnte sie das zwar dank seiner Brille nicht, kannte diese Mimik von ihm aber schon zu genüge.
„Hör auf mit den Augen zu rollen“, zischte sie scharf. „Also? Seit wann ist sie nicht mehr mit Frank zusammen?“
„Wieso liest du die Akten erst immer bei den Observationen?“,erwiderte er nur ohne auf ihre Frage einzugehen.
„Weil ich nicht weiß, was ich sonst während einer Observation machen soll. Also? Krieg ich jetzt ne Antwort?“
„Seit ein paar Monaten. Er hat sie verpfiffen, als wir ihm gesteckt hatten, dass sie ihn verraten hatte. Sowas überlebt keine Beziehung. Ich hätte ihr nur nie zugetraut, bei sowas mitgemacht zu haben. Guck sie dir doch an, so sieht doch keine Täterin aus.“
„Das ist ja das Problem an unserem Job, Jared. Niemand hat auf der Stirn stehen 'Hey ich bin schuldig. Bring mich hinter Gitter'. Wenn das so einfach wäre, müssten wir nicht Stunden damit verschwenden ein Haus mit einer möglichen Täterin zu observieren. Und ja, mögliche Täterin. Noch ist nichts bewiesen. Aber jetzt mal was ganz anderes. Ist sie überhaupt da? Irgendwie tut sich nichts.“
Das war eine gute Frage. Hinweise gab es zwar, dass sich ihre Zielperson nicht von der Stelle bewegt hatte, aber es waren tatsächlich nur Hinweise. Das parkende Auto und der unberührte Schnee vor dem Haus haben ja nichts zu heißen.
Mit einem kurzen Kopfnicken zu Naomi öffnete er seine Fahrertür und stieg aus dem Auto aus. Der kalte Wind ließ ihn am ganzen Körper erzittern. Auch seine Partnerin fluchte über das kalte Wetter und rieb sich fröstelnd über ihre Arme.
„Okay, wir schauen nur mal ganz schnell nach und dann geht’s zurück ins Auto!“, sagte sie in ihrem Befehlston und ging im zügigen Tempo die Straße runter zu dem Haus Nr. 7. Jared folgte ihr.

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Wenn sie sich einmal was in den Kopf gesetzt hatte, musste das auch genauso gemacht werden. Kein Wunder, dass er schon der dritte Partner von ihr war, so anstrengend wie sie war. Aber er hatte einen Weg gefunden mit ihr klar zu kommen. Eigentlich könnte man schon von einer Freundschaft sprechen. Um Schutz vor den Schneewehen zu suchen, stellten sie sich unter eine der größeren Tannen des Vorgartens. Die Zweige boten optimalen Sichtschutz.
In einem der unteren Räume, wahrscheinlich das Wohnzimmer, stand eine junge Frau vor dem Fenster und spähte hinaus. Was genau sie dort beobachtete, konnten Jared und Naomi nicht erkennen.
„Ist sie das? Was treibt sie denn da drinnen?“, fragte Naomi und ging ein bisschen näher heran um noch mehr erkennen zu können. Auch Jared war sich nicht sicher.

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„Könnte sein. Die Haarfarbe und Körperstatur könnten stimmen. Sicherheit hätten wir erst, wenn sie sich umdrehen würde.“
„Dann müssen wir hier wohl noch ein Weilchen stehen“, murmelte sie und verzog dabei den Mund. Auch ihm gefiel der Gedanke nicht, noch weitere 5 Minuten bei diesem Wetter hier draußen verbringen zu müssen.
„Denkst du, er wird hier her kommen?“
„Da bin ich mir sicher. Und dann schnappen wir sie uns.“

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***
Sicherheit. Mehr möchte ich doch nicht.
Gedankenverloren schaute sie aus dem Fenster auf das kleine Mädchen mit den braunen Haare, das fröhlich im Garten einen Schneemann baute. Scheinbar konnten Kinder wirklich besser mit traumatischen Erlebnissen umgehen als Erwachsene. Zumindest redete sie es sich gerne ein. Alexis sollte es mal besser haben als sie, so viel stand fest. Und jetzt könnten sie anfangen ein geregeltes Leben zu leben... ohne Angst.

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Ring-Ring
Das Klingeln ihres Handys ließ sie zusammenzucken und sie schaffte es erst nach ein paar Sekunden ans Handy zu gehen. „Smith?“, meldete sie sich am Telefon. So wie immer.
Keine Antwort.
„H-hallo?“, fragte sie zögerlich nach, nahm das Handy von ihrem Ohr und schaute aufs Display. Der Anrufer hatte nicht aufgelegt und ihr Gespräch lief laut der steigenden Gesprächsdauer noch. Ihr Brustkorb zog sich zusammen und nahm ihr jede Möglichkeit normal weiterzuatmen. Mit zitternder Hand hielt sie noch einmal das Handy an ihr Ohr. „Frank?“, flüsterte sie nur und im selben Moment ertönte ein Klicken. Der unbekannte Anrufer hatte aufgelegt.

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Wie erstarrt blickte sie ins Leere, nicht in der Lage ihre Haltung zu ändern. Oh nein. Wie kann das sein? Das darf nicht sein.
Mit wackligen Beinen ging sie zum Sofa und ließ sich darauf nieder. Tausend Gedanken schossen in ihr durch den Kopf, einer absurder als der andere. Auch wenn sie versuchte sich klar zumachen, dass eine Rückkehr unmöglich sei, so blieb doch das schlechte Gefühl bestehen. Sie musste einfach sicher gehen. Aus einer kleinen Schublade des Wohnzimmertisches hob sie ein dickes Telefonbuch und schlug es in der Mitte auf. Hastig blätterte sie mehrere Seiten hin und her, bis sie endlich die richtige Nummer gefunden hatte.

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Schnell gab sie die beschriebene Nummer ein und wollte gerade auf den grünen Hörer ihres Handys drücken, als eine Stimme hinter ihr sie zusammenzucken ließ. Diese Stimme. Sie kannte diese Stimme. Sie träumte jede Nacht von ihr. Ihr Herz machte einen Aussetzer und ihre Augen weiteten sich. Sie traute sich nicht sich umzudrehen, aus Angst, dass sich ihr Verdacht bestätigen könnte. Die Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Was ist los? Du bist doch sonst so geschwätzig, Liebling!“

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Ohne sich auch nur einmal zu der Stimme umgedreht zu haben, stürzte sie vom Sofa und floh in die nächstgelegene Zimmerecke. Dann drehte sie ihren Kopf und das Erste was sie sah, waren seine kalten, grauen Augen. Sein Äußeres hatte sich sichtbar verändert. Er hatte abgenommen, seine rot-braunen Haare waren an der Seite abrasiert und um seinen Mund wuchs ein relativ gepflegter 3-Tage-Bart. Auch wenn er im Gesamten gut für einen jungen Mann aussah, hatte sie panische Angst vor ihm. Der Typ war einfach unberechenbar.
„Was machst du hier? Wieso bist du nicht im Gefängnis?“
„Ohhh begrüßt man etwa so seinen Mann? Verzeihung! Lebensgefährten? Kein 'wie schön dich zu sehen' oder 'du siehst ja gut aus'?“,grinste er kalt und legte seinen Kopf spielerisch enttäuscht zur Seite.
„Oh Miriam, Liebes. Wie konntest du nur? Ich bin für dich in den Knast gegangen. Wie konntest du mich nur so verraten?“ Jetzt kam er näher auf sie zu und schaute sie fragend an. Er war nicht hier um Antworten zu bekommen. Er war wegen ihr hier.

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Grinsend schaute er auf ihre zitternden Beine und Hände - und es schien ihm zu gefallen. Er sog diesen Anblick förmlich in sich auf, was Miriam nur noch mehr verunsicherte. Schlagartig erlosch das Grinsen und sein Ausdruck wurde durch die zusammengekniffenen Augen nur noch gefährlicher.
„Wieso hast du mich verraten? Sie hatten keinerlei Beweise.“
Sie holte tief Luft und brauchte mehrere Anläufe um ihre Stimme wiederzufinden.

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„Ich hab dich nie … ich wollte nie... dich verraten, ich konnte so...“, stotterte sie nur bis ihre Stimme dann doch wieder nachgab.
„Du wolltest nie?“, wiederholte er ungläubig und kam noch näher. „DU WOLLTEST NIE?“
In der nächsten Sekunde breitete sich ein brennender Schmerz über ihre Wange aus, der sich über die gesamte linke Gesichtshälfte streckte. Schluchzend hielt sie sich ihre kühle Hand an die Stelle, an der seine Faust ihr Gesicht berührt hat. Ihr Blick war durch die Tränen verschwommen und ihr Kopf dröhnte. Wie ein Häufchen elend kniete sie auf dem Boden.

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„Es war deine Aussage, die mich in den Knast gebracht hat. Du Miststück! Hast du eine Ahnung wie lange man für Mord bekommt? Lebenslänglich!“, zischte Frank und spuckte ihr angeekelt ins Gesicht.
Draußen waren erst dumpfe, dann hellere und klarere Schritte zu hören. Im nächsten Moment ging die Tür auf und das kleine braunhaarige Mädchen trottete in die Wohnung. Ohne auch nur einmal den Blick ins Wohnzimmer zu werfen, klopfte sie auf der Fußmatte den Schnee von den Stiefeln.
„Mami, du musst den Schneemann sehen, den ich gebaut hab! Der ist ...“, dann schaute sie auf und sah verdutzt erst auf ihre Mutter – dann auf den Mann neben ihr. „Papa? Was machst du...“

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Doch Miriam gab ihr nicht die Gelegenheit die Frage zu beenden.
"Schatz, geh bitte auf dein Zimmer. Wir müssen hier was klären, okay?" Normalerweise hätte sie jetzt ihrer Mutter widersprochen und eine Diskussion angefangen, die womöglich in einem Streit geendet hätte, doch der scharfe und zugleich panische Ton ihrer Mutter ließ sie gehorchen. Langsam und doch etwas misstrauisch ging sie die Treppe hinauf.

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Als oben die Tür zu ging, war die Stimmung angespannter als je zuvor.
„Wenn ich mit dir fertig bin, nehme ich mein Kind und verlasse das Land“, flüsterte Frank und drehte den Kopf zur Seite. Was er dort allerdings zu sehen bekam, schien ihn doch ein wenig zu überraschen. Miriams Lippen waren aufeinander gepresst und ihre Nasenflügel blähten sich auf. Vor ihm stand nicht länger die wimmernde Miriam, die er kannte. Vor ihm stand eine Löwin, die jetzt alles tat um ihr Kind zu schützen.
„Das wagst du nicht!“, zischte sie und warf ihm einen drohenden Blick zu.

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„Du hast keine Ahnung wozu ich in der Lage bin. Was meinst du wie ich aus dem Gefängnis ausgebrochen bin?“, entgegnete er gelassen und griff sich in die hintere Hosentasche. Zum Vorschein kam ein kleines Schweizer Taschenmesser. Spielend klappte er es auf und zu, auf und wieder zu, schließlich ließ er es auf und richtete seinen Blick erneut auf Miriam.
„Es dauert nicht lange und je mehr du dich wehrst, desto schmerzlicher wird’s. Erspare uns beiden also das Theater und sprich dein letztes Gebet.“
Doch Miriam war schneller. Mit einer blitzschnellen Bewegung stieß sie Frank von sich, so, dass er über den Wohnzimmertisch stolperte und auf seinem Allerwertesten landete. Miriam nutzte die Gelegenheit und griff in die erste Schublade, die sie in ihrem Adrenalinschub erreichen konnte. Zu ihrem Glück befand sich dort eine antique Speerspitze, die sie bei der nächstbesten Gelegenheit versteigern lassen wollte. Schnell griff sie nach der Spitze und stürmte auf Frank zu. Bereit dem ganzen Leid ein Ende zu setzen.

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Ich hab mir da was ausgedacht, und ja, dieses Kapitel wird in der Zukunft noch was mit der Genforschung zu tun haben ^^ Denkt an meine Worte
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Wer am Tag träumt, wird sich vieler Dinge bewußt, die dem entgehen, der nur nachts träumt.

Edgar Allan Poe
(1809 - 1849), US-amerikanischer Journalist, Dichter und Literaturkritiker

Geändert von Minchen (17.03.2015 um 18:31 Uhr).
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