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Alt 25.03.2016, 11:28
NinaZuzanneKessler NinaZuzanneKessler ist offline
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Meine Stimmung:
Beitrag Tag 5.2

Es befindet sich noch eine Frau auf dem Sportplatz, diese ist jedoch in ihr Ballspiel vertieft und will sich partout nicht von mir ansprechen lassen. Vermutlich sind diese drei Personen auf einem Familienausflug? Zusammen passen sie ohne Zweifel.

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Einverstanden, dann kann ich, bevor Cornelias Zusammenkunft beginnt, genauso gut die Toilette besuchen. Dort freue ich mich sehr darüber, dass die Frau, welche mir auf dem Weg zu den sanitären Anlagen begegnet ist, nach dem Toilettengang gespült hat; solche Menschen sind mir sympathisch!

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Ich nähme Tinte mit, fände ich sie, doch sie scheint sich auf ein weiteres Abenteuer außerhalb des Parks eingelassen zu haben, weshalb ich mich alleine zu der Straße begebe, welche zu Cornelias Haus führt und an ihr entlang spaziere. Das kommt mir nicht nur bekannt vor. Zu dieser Zeit hatte es gerade geschneit und ich hatte mich entschieden, neben dem eigentlichen Pfad im Schnee zu wandern. Mein Gesicht fing die Sonnenstrahlen auf, welche den Schnee zum Leuchten brachten, die Stille stand im Kontrast und doch Gleichklang desselben. Auf eine gewisse Art und Weise schien der Weg vom Ort abgegrenzt zu sein, als gehöre er gar nicht dorthin, sondern zu einer ganz anderen Zeit. Hier fuhr kein Fahrzeug, für ein Fahrrad war dieser Aufstieg ohnehin viel zu steil, außerdem war ich vermutlich die einzige Person, welche sich freiwillig hierhin begab, denn die Dame, welche ich vorhatte zu besuchen, war doch etwas eigen. Doch genau diese Eigenschaft machte sie mir sehr sympathisch, wirklich verstehen tue ich es damals wie heute nicht. Der zurückzulegende Weg war nicht kurz und , doch das störte mich nicht. Ich beobachtete, wie sich die Landschaft veränderte, mit den Schritten, die ich tat. Ich atmete aus und war fasziniert, wie kalt die Luft doch war; zog meinen Schal enger und meine Mütze tiefer. Kahle Bäume traf ich ein ums andere Mal, sie grüßten mit ihren schneebedeckten Ästen, den Eiszapfen, welche man doch so abbrechen konnte; die Pflanzen, welche sich unter dem weißen Teppich versteckenden Gewächse ließen sich nur erahnen, wie man darüber Gedichte schreiben konnte. Meine Nase beschwerte sich immer wieder laut über die Kälte. Zumindest hätte ich dies getan, doch ich war in Gedanken bei meiner Freundin und bekam nicht viel, besser gesagt nichts, von der atemberaubenden Landschaft oder der Kälte mit; dass ich damals nicht erfror empfinde ich zu einem gewissen Teil als Wunder. An diesem Tag wollte ich Thiandres auf das angeblich von meiner Freundin angetroffene Wesen ansprechen, der Zwischenfall lag inzwischen eine Woche zurück. Wenn jemand wusste, welches Geheimnis es mit diesem Ort im Wald und den Wesen, welche sie dort eventuell aufhielten, auf sich hatte, dann wusste Thiandres es sicherlich ebenfalls. Das sagte ich mir in einem Mantra zumindest. Doch wie ich damals die Türme ihres Wohnsitzes in den Himmel aufragen sah, erstreckt sich nun vor mir das Gelände Cornelia Grusels Hauses. Beeindruckend.

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Nun, ich wäre sicherlich überwältigter, nähme nicht mein Hungergefühl einen großen Teil meines Denkens ein.

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So schritt ich der Haupttür entgegen und ließ mich nicht vom gruselig aussehenden, für den Sommer unnatürlich kahlen Baum im Garten abschrecken.

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Empfangen werde ich nicht, aber ich stelle die Vermutung an, Cornelia bewirtet in diesem Moment ihre Gäste. Selbst als sehr zuvorkommender Gastgeber kann sich nicht um alle Eingeladenen zugleich gekümmert werden. Aus diesem Umstand heraus begebe ich mich auf die Suche nach ihr. In einem der unzähligen Zimmer dieser Villa treffe ich auf einen wie eine geschäftlich viel beschäftigte Person aussehenden Mann, welchen ich höflich anspreche, mit sehr hochgesteckten Worten, um meine zur Veranstaltung nicht gerade passende Kleidung zu überspielen. Ich entschließe mich, ihn an einem meiner fabulösen Witze teilhaben zu lassen. „Ihr Äußeres ist beinahe so anmaßend wie ein Clown lachhaft.“

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Nach diesem Erfolg frage ich ihn nach einer Gegenleistung dafür, doch er sieht das mit Gerechtigkeit scheinbar anders als ich es tue.

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Solches Verhalten ist sehr unverschämt. Dieser Person werde ich sicherlich keine Witze mehr erzählen, genauso wenig wie dem Mann, welcher einfach geflohen ist. Meinen Ärger unterdrückend stelle ich nochmals eine Frage, dieses Mal nach etwas zu Essen. Überraschenderweise scheint dies für ihn kein Problem zu sein; ich versuche erst gar nicht, es nachzuvollziehen, nehme das Essen gespielt dankbar an und eile in den nächsten Raum. Freiwillig möchte ich der Unhöflichkeit in Person nicht noch einmal begegnen. Ich suche mir einen Platz, um mein erworbenes Marmeladenbrot zu verspeisen, und werde in der Küche des Gebäudes fündig.

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Zu meiner Freude erscheint auch Cornelia in der Küche und beginnt mit dem Kochen eines Gerichtes, ich muss ehrlich gestehen, dass ihre Künste, mit dem Kochwerkzeug zu hantieren, sehr bewundernswert sind.

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Sie bemerkt mich zunächst nicht, doch als ich sie schließlich begrüße freut sie sich augenscheinlich sehr, mich zu sehen.
Wir unterhalten uns ein wenig über ihr wundervolles Haus und ihr bildhübsches Grundstück, ihre, aus meiner Sicht, sehr schöne Kurzhaarfrisur und in welchem Kochkurs sie denn den Trick mit der Schüssel gelernt hätte. Es ist kein Kochkurs gewesen, sie hat nur einen einzigen versuchsweise besucht, in welchem lediglich mit Muffins geworfen worden ist, was auch mich sehr schockiert. Zudem erklärt sie mir, dass der etwas unheimlich aussehende Baum in ihrem Garten eine sehr symbolische Bedeutung für sie hat, außerdem gehöre besagte Pflanze der Familientradition an. Auch wenn manche unserer Gesprächsthemen zwiespältige Gefühle in mir auslösen, ist es sehr schön, sich mit jemandem so schön austauschen zu können.
Um die Stimmung beizubehalten, erzähle ich ihr auch einen meiner brillanten Witze: „Gut gesät ist halb gegossen, denn wenn das Wasser fließt, tut die Saat es auch.“ Ein weiterer Gast scheint die funkelnden Kristalle, welche ich meiner Freundin gerade übermittelt habe, nicht zu erkennen; ihr missfällt unser Gespräch oder das Juwel einer Belustigung, zumindest erzählt das ihr Blick, welchen sie auch beim Hinausgehen nicht von mir nimmt, dass ich es durchaus bemerkt habe, scheint sie nicht sonderlich zu interessieren.

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Wenn ich schon in der Stimmung bin, und versuche, mir meine Empörung nicht anmerken zu lassen, könnte ich mit derselben Erfolgschance auch nach etwas Geld fragen, denke ich und setze diesen spontanen Plan sogleich in die Tat um. Nicht sonderlich großzügig überlässt sie mir zwei ihrer Simoleons.
Ich widme mich wieder Cornelia und wir führen unseren heiteren Wortwechsel fort.
An einem Punkt des Gespräches erfahre ich, dass sie ein Kind mit sich trägt und beglückwünsche sie selbstverständlich, zumindest eine von uns scheint in Liebesdingen glücklich zu sein, ich freue mich wirklich für sie, und doch trifft ein eisiger Dolch mein Herz beim alleinigen Gedanken an das, was wir hätten sein können. Meine Pläne für die Zukunft, alles hat sich in Luft aufgelöst. Ich taste in meiner Hosentasche nach-
Cornelia fragt, mit besorgtem Blick, ob es es mir gut gehe und ich atme tief durch und erwidere lediglich, müde zu sein, im selben Atemzug stelle ich die Frage nach einer möglichen Übernachtung, welcher sie, ohne weitere Überlegung zustimmt, „außer du isst mir meinen Kühlschrank leer, das vertrage ich nicht gut, ich habe nämlich durchgehend Heißhunger, weißt du?“ Einverstanden.

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Nein, ich habe möchte sie nicht im Schlafe niederstechen, ich freue mich nur, eine warme Bleibe für die bevorstehende Nacht gefunden zu haben. Wie ich vermute, wird bereits der Schatten eines weiteren Alptraumes auf mich warten, da wird es nicht verkehrt sein, an einem darauf folgendem Morgen nicht auf dem Fußboden zu erwachen.

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Um ihre Gäste nicht weiter zu stören, und weil kein wirkliches Zusammenkunftszimmer zu finden ist, begebe ich mich nach draußen, um meinem Instrument zu frönen, noch ist es nicht zu dunkel dafür. Glücklicherweise ist es keine Vollmondnacht, allein bei dem Gedanken, dazu passende Stimmung wäre hier einfach kreiert, welcher dieses Grundstück und sein Aussehen noch zusagen würden, läuft mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Tinte ist nicht hier, ich sitze einsam vor einem von innen beleuchteten Haus und verliere mich in den Takten. Thiandres' Haus war diesem nicht unähnlich, es sandte ebenfalls eine Stärke aus, beinahe unwirkliche Mentalität, als gehöre es nicht hierher sondern wäre durch einen Fehler im Raum-Zeit-Kontinuum, den selbstredend andere zu verschulden hatten, hier gelandet und sich natürlich von allem anderen abgespaltet, ohne, dass absichtlich etwas dergleichen geschehen wäre. Personen besaßen einen gewissen Grundrespekt beim Ansprechen dieser recht altertümlich und majestätisch wirkenden Behausung, wenn sie es sich denn überhaupt getrauten. Und ebenso herrschte Thiandres auf ihrer Burg über eine Landschaft, die sich nicht besiedeln lassen wollte, die Bewohner des naheliegenden Ortes hatten teilweise Angst vor ihr, bezeichneten sie abwertend als Hexe, als Paktschließer, Aschetreter, warteten auf die Raben, welche sie über ihre Häuser schickte, um ihnen Grauen und Unheil zu bringen. Doch für Thiandres war dies ein entscheidender Vorteil: Sie wurde in Ruhe gelassen, und die Ruhe benötigte sie, wie sie mir zu erzählen pflegte. Sims seien kompliziert und schwer zu durchschauen, oft verbarg sich hinter ihrem Handeln kein logisches, nachvollziehbares Muster, sondern ein Wirrwarr aus negativen Gefühlen, Angst, Rache und Gier, welches die Rationalität abschaltet und das Herz vergiftet, Sims unberechenbar macht. Dies war Unsinn, meinte zumindest Thiandres, doch sie kümmerte sich nicht um ihren Ruf, um die Beleidigungen, denn wer sich traute, ihr nahe zu treten und sie freundlich und anständig behandele, der habe nichts zu befürchten.
Ob sie tatsächlich eine Hexe war? Mit der Frage allein in meinem Kopf schwebend streife ich wie eine wahre Vagabundin durch meine Erinnerungen, ohne mit Eifer nach einer Antwort zu suchen.So fließe ich mit dem Strom in die Realität zurück, ganz sanft. Ob dies wohl von der zu meinen Träumen passenden Stimmung auf diesem Grundstück herrührt?

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Die restlichen Gäste, auch der unfreundliche Mann, rennen in einem Pulk über den Steinweg zum Gartentor, scheinbar haben sie es sehr eilig, das Grundstück der Familie Grusel zu verlassen; vielleicht fürchten sie den Seelen der Verstorbenen zu begegnen, welche einem aufzeigen, wie vergänglich das Leben eines Sims doch ist? Jagen sie im Kern des Wortes, dem Sinne hinterher, nur um ihn zwischen den Fingern zerfließen zu spüren wie der Sand, der sich emsig um das weite Meer schart?
Nachzusehen brauche ich der Gruppe nicht, sie sind laut genug, dass ich sie mit meinem Gehör verfolgen kann, so lasse ich mein bereits verlangsamtes Spiel ausrinnen und lausche den immer leiser werdenden Personen, welche schließlich von dem Lärm eines Kraftfahrzeuges verschluckt werden.
Ich baue, ohne Eile, das Schlagzeug ab und begebe mich zurück ins Haus. Cornelia rückt gerade eine Vase zurück auf ihren Platz und lächelt, als sie mein Eintreten bemerkt und mich auf sie zu schlendern sieht. Es liegt dieselbe raue und doch sanfte Stimmung in der Luft, welche meine Seele mit Balsam bestreicht. „Möchtest du ein Bad nehmen?“, fragt mich die Hausherrin ohne einen Anflug einer Negativität, mit reinster Güte, welche mein Herz frohlocken lässt. Natürlich möchte ich! Unwirklich scheint es, dass ich die Treppen dieses großen Gebäudes hinaufsteige, es ist leer von Sims und doch bepudert mit Sprache, die Dielen knarzen, die Lampen pfeifen und der immerkalte Luftzug, der doch passt, bringt die Türen in Aufschwung und sie knarzen und erzählen die Geschichten von der Schlacht um eines Bauern Feld, von der verschütteten Limonade zu Ostern und dem kleinen Hasen, welches die kleine Cornelia mit in die Schule nahm, weil sie es doch so schön fand. Ich muss kichern, es sind amüsante Erzählungen, welche mir zu Ohren kommen. Woher diese plötzliche Redseligkeit, das Aufbrausen des Windes in einem Haus mit geschlossenen Fenstern? Wenn die Fremden verlassen, bleiben die Bewohner, und über diese Sims gibt es Erlebnisse zu berichten, Gerüchte zu erklären, Missgeschick zu tadeln. Dieses Haus lebt und ich bin doch erfüllt von Stolz, heute Nacht ein Teil davon sein zu dürfen. Ob die Wände mit den Bildern mir Lebensgeschichten erzählen, oder wird mein Rittertraum fortgeführt? Diese Spannung wäre unerträglich, erzählte eines der Fenster nicht in diesem Moment von dem wundersamen Abenteuer einer neuen Verglasung. Lästertanten sind die Lämpchen, meckern über die Farbe, über die Fliesen, über den neuen Musikgeschmack des Leuchtturmes, wie allgemein bekannt sein dürfte, hört der Leuchtturm keine Musik, er ist mit seinem Leuchten zur Genüge beschäftigt, doch das wissen die Lämpchen nicht und die Fenster machen sich einen Spaß daraus, ihnen neue Märchen von draußen zu berichten, die nie passiert sind.
Ich liege in der Wanne und wasche mich, der Türrahmen plaudert mit einem Lämpchen über Cornelias neue Schuhe, das Lämpchen mag sie nicht sonderlich, sodass ich zuhöre und über den ein oder anderen bissigen Kommentar von Seiten des kleinen, schmächtigen und doch sprachgewandten Lämpchens ein amüsiertes Grinsen verliere.

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Still bleibe ich, habe ich doch nichts Sonderbares zu erzählen, außerdem möchte den Rahmen in seinem neu entdeckten Redewasserfall nicht unterbrechen. Der Schaum kitzelt an meinen Füßen, wenn ich sie direkt hinein hebe und meine Fantasie ist auf Abwegen. Ich male mir ein Bild, in welchem ich mich sehe, und Thiandres beim gemütlichen Plausch auf ihrem anmutig auf den Hügeln außerhalb des Ortes thronende Burg. Es gibt Kekse, meine Lieblingsspeise, obwohl Thiandres mich doch immer gespielt tadelt, ich solle doch auf meinen Zuckerspiegel achten, ich lockte damit die Bienen an, ob ich denn noch nicht süß genug sei. „Nein“, antworte ich und sie lacht, wirft mir geschickt einen weiteren Keks zu, welchen ich knapp noch mit der Hand fangen kann. „Tyll“, ist ihr lautes Lachen zu hören, die Mahnung nicht im ernsten Sinne, „das wirst du noch üben, ja? Tyll, das übst du bis zum nächsten Tee, ja?“ Ich falle fast aus dem Sessel und spurte in das Haus, rufe Zinkern und bitte ihn um den nächsten Tee. Es ist noch kalt draußen und der Wintergarten ist für mich der schönste Ort der Welt, wenn auch meine Freundin nicht da ist, doch Vermissen ist nicht gegenwärtig, wenn ich „Thiandra“ rufe, die Zinnsoldaten von ihrem Regal im viel zu großen Wohnbereich mit Zugang zu bereits erwähntem Garten ergreife und zurück in den Wintergarten laufe. „Thiandra“, ich noch einmal, stelle die Soldaten in eine Reihe und mich daneben, hebe die Hand zum Salutieren und verberge mein Lachen, welches durch meine Kehle zu dringen versucht. „Thiandra, deine Armee, sie ist bereit zum Dienste!“, klingen meine abgehackten Worte noch im Haus. Zinkern betritt den Garten und Thiandra seufzt dramatisch auf: „Mein lieber Zinkern, sehe dir das Töchterchen an, spielt sie wieder mit den Zinnsoldaten!“ Und Zinkern stellt den Tee ab, eilt sogleich herbei und nimmt einen der Soldaten versuchsweise an der Hand, spricht im Hinknien: „Töchterchen, dein Pferd ist bereit zum Ausritt, nun Töchterchen, so komme doch!“ Thiandres' Lachen erhellt den schon hellen Wintergarten und sie spielt, als wäre sie wieder im Theater. „Ach, Zinkern, dass du sie auch immer verwechselt, es ist mir unheimlich und gruselt mir, ziehe doch deine Brille auf und nimm dein Töchterchen bei der Hand!“ Mir kommen fast die Tränen von unterdrücktem Lachen und Zinkern zieht seine Brille aus der Tasche, schaut peinlich berührt zum Zinne hin, schreitet an der von mir aufgestellten Reihe vorbei, bis er direkt vor mir steht. „Töchterchen, wir wollen nicht, dass du deine Reitstunde verpasst, das schickt sich nicht“, laut und elegant spricht er den Satz und ich kann meine Haltung nicht mehr bewahren, breche auf dem Boden zusammen von dem Schauspiel der beiden alten Freunde. Thiandres beugt sich vor und kreischt mit von Erschrecken geprägtem Gesicht: „Zinkern, nun tue doch etwas! Zinkern! Zinkern, tue etwas!“ Zinkern wird weiß wie eine Wand und eilt mit bestürztem Gesichtsausdruck hin und her, weiß seine Uhr nicht zu finde, und verliert einen Schuh beim Stolpern über einen von ihm selbst umgefegten Stuhl; er wirft in Panik die Arm ein die Luft und schreit „Hilfe! Hilfe! So hilf doch einer!“ Und ich liege nur am Boden und krümme mich, bekomme fast keine Luft in meine Atemwege, wie diese beiden sich aufführen! „Tiandra, so tu doch etwas!“ und „Zinkern, so tu doch etwas!“, bewerfen sie sich gegenseitig und keiner will etwas unternehmen können, bis auch Zinkern mit einem Angriffsschrei auf mich los geht, die ich mich gerade von meinem Lachanfall erholt habe, und mich kitzelt, dass ich umwerfe und zum wiederholten Male fast die Vase mit dem Fuße umwerfe, und Thiandres ruft „Tyll, du triffst sie doch nicht!“ und spornt mich an, die bemitleidenswerte Vase umzuwerfen, nur um mich in der nächsten Sekunde wieder z schimpfen. „Tyll, die Vase ist ein wichtiges Familienerbstück, Tyll, wehe dir, du triffst dieses hochwertige Gut!“, ruft sie und macht Anstalten, mich mit Erde zu bewerfen. In diesem Moment war ich der glücklichste Mensch dieser Welt und niemand hätte mir etwas anderes einreden können. Als ich die Szenerie zu einem späteren Zeitpunkt meiner Freundin berichtete, lachte diese sich genauso kaputt, wie ich mich in diesem, zur Erzählung geschneiderten, Moment. Vielleicht hatte auch mein Hang zur Dramatik etwas damit zu tun, ich rannte also in meinem Musikzimmer zwischen den Instrumenten hin und her, um die, nötige, Hintergrundmusik aufzubauen und riss meine Augen weit auf beim Erzählen, machte Zinkern und Thiandres nach und zeigte schlussendlich auf sie, mit den Worten: „Das war auch meine Reaktion, meine Liebe, eine sehr schöne und hingebungsvolle Demonstration ist das nebenbei bemerkt.“
Ich habe die ganze Zeit mit verträumtem Blick aus dem Fenster gesehen, doch jetzt tue ich es wirklich. Erwarten tue ich keinen Vollmond und erhalte auch keinen.

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Als ich mich wieder angekleidet habe, durchquere ich das Zimmer mit einem Bett, welches dem Badezimmer am nächsten liegt. Cornelia jedoch erwartete mich bereits und bittet mich, mich doch in das große Bett zu legen, sie wolle heute alles zu meinem besten Wohlbefinden halten. Ich danke ich mit einem Lächeln, welches sie erwidert und auch nicht mehr verliert, soweit ich sie heute noch sehe.

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Ich war nun schon seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen und bin dementsprechend auch müde, so folge ich Cornelias Befehl und schlurfe weiter, in das Endzimmer, krieche unter die weiche Decke und kuschele mich ein. Morgen wird ein langer Tag und es wartet noch einiges an Geld darauf, von mir verdient zu werden.
Immer deutlicher bemerke ich den Gedankenfluss, welcher wieder beginnt, meinen Kopf rein zu waschen, er nimmt mich ohne Nachfrage mit und so treibe ich auf ihm meinem nächsten Traum entgegen.

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Und doch frage ich mich noch, was meine nicht mehr gesehene Hündin wohl gerade tut. Sie ist nicht auf der Feier aufgetaucht, obgleich sie doch meine Spur hätte verfolgen können, wenn sie denn wollte.

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Ich hoffe einfach, dass es ihr gut geht.

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Doch schon trägt mich der Fluss weiter und ich stürze den Wasserfall hinab.
Ich sitze auf einem Pferd. Festhalten tue ich mich jedoch an einer eiskalten Stange, welche nicht nur den Leib meines Trägers in der Mitte durchbohrt, sondern auch meine Hände festklebt. Und doch bewege ich mich. Ich sehe nach unten, meine Hose ist voller Blut, ich muss keine Echtheitsverfahren anwende, um das herauszufinden, ich weiß, wie sich Blut auf meiner Hose anfühlt, doch an der Stelle, an welcher die Stange wie ein Dolch durch den Körper des Tieres mit dem unechten Sattel auf dem Rücken gefahren ist ist der Ursprung der roten Flüssigkeit. Vorsichtig blicke ich nach oben. Die Stange führt nach oben, doch ich kann kein Ende erblicken, so sehr ich meinen Kopf auch recke und strecke. Als ich versuche, meine Hände zu lösen, fährt mir ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter. Sie fühlen sich nicht nur so an, sie kleben tatsächlich fest an dieser Mordwaffe und wollen sich partout nicht lösen lassen. Das Pferd bewegt sich nicht, doch am Luftzug spüre ich, dass wir uns nach vorne bewegen. In meinem linken Augenwinkel entdecke ich etwas. Rot, grün, blau. Ich sehe nach links und entdecke eine Art Pfeiler, welche vermutlich nicht breiter ist als mein Bein lang, doch die Farben verändern sich stets. Rot, grün, blau. Es ist ein Farbenspiel, der Pfeiler dreht sich nicht. Denn ich bewege mich. Rot, grün, blau. Der Sattel auf dem Rücken des Pferdes ist nicht echt. Ich fahre mit einem Bein aus einem Steigbügel und klopfe mit dem Fuß gegen eine Flanke des Tieres. Ein metallenes Geräusch. Das Pferd ist in gleicher Weise unecht wie mein Sitz es ist. Ein Karussell. Ich befinde mich in einem Karussell.
Meine Hände werden kalt, die Stange ist unermüdlich in ihrem Haftverlangen. So drehe ich meinen Kopf und einen Teil meines Oberkörpers, um mich nach allen Richtungen umzusehen. Doch in mein Sichtfeld gelangt nichts weiter. Der Pfeiler zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Rot, grün, blau. Es will wirken wie Hypnose, doch ich reiße meinen Blick los und blicke nach vorne. Rot, grün, blau. Die Kälte an meinen Fingern schmerzt. Rot, grün, blau. Ich habe noch nicht nachgesehen, ob es unter mir nicht vielleicht etwas gibt. Vermutlich nicht, doch alles ist besser, als sich von diesem vermaledeiten Pfeiler hypnotisieren zu lassen. Rot, grün, blau. Ich umfasse mit meinen gefühlt bereits halb erfrorenen Händen fester um die Stange und beiße aufgrund des Schmerzes meine Zähne zusammen. Rot, grün, blau. Ich lasse das nicht zu. Rot, grün, blau. Ich lege mein Gewicht auf mein linkes Bein, den Blick so weit von den Farben entfernen, wie es geht. Rot, grün, blau. Vorsichtig beuge ich mich etwas vor, doch mit einem Mal rucke ich etwas zu weit vor und hänge mit vor Angst geschlossenen Augen seitlich am unechten Pferd. Rot, grün, blau. Der Pfeiler leuchtet mir entgegen. „Nein, schreie ich viel zu laut und viel zu hoch, dass es sich wie ein Kreischen anhört. Die Stange gibt mich frei und ich falle in einen Strudel aus roten, grünen und blassen Farben, welche mich umgeben und mir keine Luft zum Atmen lassen. Rot, grün und blau.

[Eingenommenes Geld: 2 Simoleons; Gesamtes Geld: 33 Simoleons]
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"Listen John, if I worried what the people cared about I'd never write anything." ~Charles Bukowski
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