Prolog
1. Generation - Amy
Amy
Semesterferien.
Ich wusste nicht, ob ich mich darüber freuen oder ob ich doch eher traurig sein sollte. Es waren zwar die Prüfungen vorbei, für die man eine gefühlte Ewigkeit unter Dauerhochdruck lernen musste, aber nun stand Freizeit an.
Einfach so.
So etwas verkraftet doch niemand - nicht, ohne sich einen dauerhaften Schaden im durch die Prüfungen verschwabbelten Hirn zu holen. Es wirkte wie eine Vollbremsung von 1000 auf 0.
Naja.
Nach Hause wollte ich nicht. Ich war eigentlich froh, von dort weg zu sein.
Das frische Landleben liebte ich zwar mehr als alles andere, aber einen derartigen Kulturschock nach so einer Hirn-Vollbremsung konnte das Übrige erledigen, wenn man einmal den betörend-frischen Duft von muffeligem Studentenwohnheim und verschwitzten Hörsälen eingeatmet hatte.
Okay - es war auch nichts anderes als ein frisch gedüngtes Feld ... aber ein Aufenthalt am Meer wäre vielleicht doch etwas anderes.
Da gab es frische Luft und die Ruhe des Landlebens.
Zwei Dinge auf einmal ...
Ich war noch nie am Meer.
Ich gebe zu, ich hatte eigentlich keine Lust. Eigentlich log ich mir in die Tasche, dass ich Meeresluft erhaschen wollte.
Aber egal.
Ich hatte es versprochen. Und wenn man etwas verspricht, dann hält man sich daran.
Sunset Valley.
Ein seltsamer Name für einen kleinen Ort am Meer.
Okay ... Berge gab es reichlich - da sollten auch die Täler nicht weit sein.
Aber Sunset - Sonnenuntergang? Das klang nach Ruhe ... nach unfassbarer Ruhe ... nach hochgeklappten Bürgersteigen nach ... nach Sonnenuntergang.
Wie gesagt: ich mochte die ländliche Stille.
Aber der erste Eindruck von Sunset Valley war: ausgestorben, leer, keine Menschenseele ... und das noch vor Sonnenuntergang.
Selbst der zentrale Park war verwaist.
Und da sollte man sich wohl fühlen?
Ich hörte so viel Gutes von diesem kleinen Ort am Meer, der angeblich so viel zu bieten hatte.
Von den vielen Festen, die im Park gefeiert werden konnten, von den liebevollen Menschen, die alle mit offenen Armen empfingen ... davon war nichts zu sehen.
Nichts.
Selbst der Strand war menschenleer.
Was wollte ich hier?
Was brachte mich dazu, meine Familie in der studiumsfreien Zeit nicht zu beglücken und stattdessen auf die Schwärmereien von jemand Anderem zu hören?
Aber versprochen, war versprochen.
Schließlich gebe ich nicht oft Versprechen - nur sehr guten Freunden.
Und - ja. Eigentlich freute ich mich - tief in meinem Inneren.
Schließlich hatten wir so viel gemeinsam erlebt - und das Studium war ja noch nicht zu Ende.
Ich beschloss, dass ich mich freute.
Punkt.
.
.
.
Mann ... war das hier öde.
Es konnte nur besser werden.
Also machte ich mich auf den Weg. Ich wollte nicht zu spät kommen.
Zum Glück war Sunset Valley nicht sehr groß und ich fand auch schnell mein Ziel.
Es war eine schicke Gegend.
Da hatte wohl jemand massig Geld.
Das Haus jedenfalls konnte sich sehen lassen.
Da spürte man regelrecht, dass hier schon einiges erlebt wurde.
Ja - wir hatten uns die freie Zeit verdient.