Katan
Natürlich hatte Katan vorhin bemerkt wie aufgeregt Sharon vor dem Fliegen gewesen war und auch währenddessen. Allerdings hatte er sich keine weiteren Gedanken darüber gemacht und auch nichts dazu gesagt, dass es wohl eine gute Idee wäre. Ihre Freude hatte einen guten Geschmack auf seiner Zunge hinterlassen und natürlich gefiel es ihm wenn Sharons Stimmung positiv statt negativ war. Allerdings war er sich nicht ganz sicher woher dieser Stimmungsschwung kam. Vermutlich wegen dem Fliegen aber sicher war er sich nicht. Vielleicht war es auch Vorfreude darauf mehr über die Hintergründe ihrer familiären Bande zu erfahren. Allerdings hätte sie das dann wohl schon früher empfunden.
Jedenfalls blieben die Beiden schweigsam, bis sie schließlich endlich durch den Spalt in den Höhlengang eingedrungen waren und sich erstmal auf die Umgebung konzentrierten. Ebenso wie Sharon konnte auch Katan die Gestalten weiter vorn im Gang wahrnehmen. Zwei Wachen und Sharons Vater. Ihre Mutter schien noch ein gutes Stück entfernt zu sein aber sie waren ganz offensichtlich richtig. Jetzt stellte sich nur die Frage, wie sie dem Dunkelhaarigen folgen sollten ohne bemerkt zu werden oder ihn zu alarmieren. Ein weiteres Problem über welches der Schwarzhaarige sich schon seit er in der Höhle angekommen war Gedanken machte war, welche Fähigkeit Sharons Vater wohl hatte. Es wäre leichter sich auf verschiedene Eventualitäten vorzubereiten, wenn er wüsste was er zu erwarten hatte. Vermutlich könnte er es herausfinden ohne den Mann zu fragen, mit Hilfe seiner eigenen Fähigkeit. Das Problem daran war nur, dass es nicht so leicht war und er ihm dabei so nah kommen musste, dass er bemerkt werden würde. Im besten Fall so, dass er dessen Seele berühren könnte. Denn dann würde er es sofort wissen, schließlich zog er diese Information Zeit seines Lebens ständig aus Seelen. Wie sollte er deren Fähigkeiten sonst auch einsetzen?
In ihrer aktuellen Situation war dies jedoch eher schwierig möglich und Katan hatte momentan alles andere als vor sich zu offenbaren. Und schon gar nicht wollte er, dass irgendjemand seine Fähigkeit kannte. Vor allem wenn er nicht vorhatte, diese Person danach umzubringen. Innerlich seufzend warf er einen Blick auf seine Freundin, die sich offenbar ebenfalls bereits ein paar Gedanken gemacht und sie nun ausgesprochen hatte. Bzw. genau genommen hatte sie eine Frage gestellt. Es gab durchaus Möglichkeiten. Verschiedene sogar. Katan könnte seine Fähigkeit einsetzen um seine und Sharons Seele soweit zu verändern, dass sie ihre Gestalt veränderten. Beispielsweise sich in ein kleines Tier verwandeln würden. Aber er war sich nicht sicher ob Sharon dann nicht zu desorientiert wäre um sich zu konzentrieren. Sich teilweise zu verwandeln war weniger problematisch aber eine vollständig Verwandlung? Das würde mit Instinkten und ungewohnten Sinneswahrnehmungen kommen die Sharon nicht gewohnt war. Nein das war keine gute Idee. Er könnte auch dafür sorgen, dass die zwei Vampire kurzzeitig erblindeten oder, wie auch Sharon vorgeschlagen hatte es mit ihrer Fähigkeit zu tun, sie das Bewusstsein verlieren lassen aber das wäre möglicherweise problematisch falls ihr Vater eine Fähigkeit hatte die ihn das spüren lassen würde.
"Ich könnte ihre Seelen so manipulieren, dass sie so besessen von ihrem Kartenspiel sind, dass sie uns nicht bemerken wenn wir uns an ihnen vorbeischleichen."
Das wäre vermutlich der einfachste Weg. Um sie beide unsichtbar werden zu lassen, hatte er noch zu wenig Kontrolle über die Seele mit der er seinen Schweif hatte verschwinden lassen. Das wäre also zu riskant. Und die Besessenheit konnte er sofort wieder verschwinden lassen sobald sie an den Wachen vorbeiwaren. So dass sie nicht wirklich bemerkten dass überhaupt etwas geschehen war. Ja das wäre die einfachste Variante.
Sharons weitere Worte ließen ihn zuerst ohne groß zu zögern die Seele wieder ihre Haarsträhnen verdunkeln und danach dem Rest ihres Vorschlags lauschen. Das wäre vermutlich eine gute Idee, immerhin wollten sie mehr erfahren und das wäre am einfachsten wenn sie einfach lauschen konnten. Er überlegte kurz, nickte schließlich und warf ihr einen sichtbar zufriedenen Blick zu. Es gefiel ihm was sie mit ihrer Fähigkeit bewirken konnte und wie sie ihre Aktionen im Augenblick durchdachte. Wenn er bedachte wie oft sie sich sonst unnötig in Schwierigkeiten brachte und Sachen anfasste ohne darüber nachzudenken war das gerade wirklich Sharon untypisch durchdacht. Das hieß wohl er musste sich diesmal ein bisschen weniger Sorgen machen von irgendwelchen versteckten Mechanismen oder Sharons Unbedachtheit umgebracht zu werden. Kurz musste er bei dem Gedanken schmunzeln. Nicht dass er gerne in Gefahr geriet aber manchmal war es so extrem was sie damit verursachte, dass es schon wieder unterhaltsam war.
Seine Augen verfärbten sich wieder rot und seine Augäpfel schwarz während er sich diesmal auf die Seelen der Wachen konzentrierte um sie so minimal zu manipulieren, dass diese eine Besessenheit nach Kartenspielen entwickelten und sich so stark darauf fokussierten, dass er mit Sharon einfach lautlos an ihnen vorbeischleichen konnte. So wie sie, hielt auch er sich an der Wand und in den Schatten, trotzdem waren sie recht schnell an den Beiden vorbei und erreichten eine Treppe die weiter hinab in den Fels führte. Er konnte Sharons Vater ein gutes Stück weiter vorne spüren, allerdings schien dieser sein Ziel noch nicht erreicht zu haben. Gut. Nach wie vor lautlos begann er die Stufen hinab zu schleichen und ließ die Veränderung der Seelen der beiden Wachen wieder rückgängig werden, sobald sie außer Sicht waren. Sobald das erledigt war, konzentrierte er sich wieder auf das was vor ihnen lag. Es dauerte nicht lange bis sie das Ende der gewundenen Stufen erreicht hatten und einen langen, breiten Gang erreichten. Es gab einige Türen die zu beiden Seiten wegführten, in kurze Gänge und zu weiteren Türen. Katan konnte hinter mehreren davon Seelen spüren. Gequälte Seelen deren Gefühle alles andere als gut waren. Vermutlich Gefangene. Sie befanden sich wohl wirklich in einer Art Verließ. Ob ein gewöhnliches oder eins für besondere Gefangene konnte er allerdings nicht sagen. Beides war möglich. Aber es war nicht wirklich wichtig und sie hatten bereits ein Ziel. Sharons Mutter schien sich jedenfalls ganz hinten am Ende des Ganges zu befinden. Es war gut, dass die Türen jeweils in weitere Gänge und dann erst in die Zellen führten. Dadurch würden sie problemlos in diesem Gang warten und lauschen können. Zumindest sofern Katan dafür sorgte, dass sie Geräusche durch die Türen hindurch hören konnten. Er bedeutete Sharon ihm zu folgen und erklärte auf dem Weg nach hinten leise:
"Ich werde dafür sorgen, dass die Türen Lautdurchlässig werden, damit wir hören was in der Zelle gesprochen wird. Allerdings müssen wir dann noch mehr darauf achten keine Geräusche von uns zu geben, da die Lautdurchlässigkeit in beide Richtungen gelten wird."
Kurz deutete er auf die letzte der Türen am Ende des Ganges und lehnte sich dort angekommen so gegen die Wand, dass er und Sharon von der Tür verdeckt werden würden sobald diese geöffnet wurde. Das einzige Problem war der Moment in dem sie geschlossen wurde. Denn es gab hier keine Verstecke. Er dachte kurz nach und erklärte bevor er die Türen manipulieren würde:
"Sobald dein Vater den Raum verlassen möchte, müssen wir uns in einen der Gänge zurückziehen. Ich werde eine der Türen öffnen, so dass wir diese Möglichkeit schnell haben. Wir dürfen dann auf keinen Fall zögern, sonst werden wir entdeckt. Ich könnte mich in dem Fall schnell verwandeln aber du hast diese Möglichkeit nicht. Wir sollten dabei also auf Nummer sichergehen."
Gesagt getan. Schnell konzentrierte er sich auf die Tür die am nächsten bei ihnen war und hinter der sich kein Gefangener befand und manipulierte die Seele im Schloss so, dass er die Tür einfach öffnen konnte. Nachdem das erledigt war, gesellt er sich zurück zu Sharon und manipulierte nun die Seelen der beiden Türen so, dass sie das Gespräch welches sich dahinter abspielt zwar gut hörbar für ihr feines Gehör wahrnehmen konnte, es allerdings nicht so laut war, dass ein Echo an den Wänden entstand.
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Booba Schnooba Biebelboo
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