Gelangweilt schaute Ellie aus dem Fenster des SUV und sah der Landschaft dabei zu wie sie an ihr vorbeizog. Schon seit Stunden saß sie nun schon in diesem Auto fest und starrte aus dem Fenster. Lucius saß neben ihr auf dem Rücksitz und blätterte in der Walsh Times. Ellie verstand nicht so genau was ihr Bruder an dieser Zeitung fand aber wenn es ihn glücklich machte sie zu lesen ... Hinter ihr saßen Tai und Kiera und unterhielten sich leise. Ellie konnte nicht verstehen worüber sie sprachen aber es schien unterhaltsam zu sein da beide immer wieder leise lachten. Ellie war fast schon ein bisschen eifersüchtig auf ihre großen Geschwister. Immerhin waren die beiden, im Gegensatz zu ihr, gut beschäftigt.
Ellie seufzte gelangweilt. Es würde ihr ja schon reichen wenn die Zeit etwas schneller vergehen würde. Sie wollte endlich ankommen und aus diesem Auto aussteigen können.
Ellie hatte sich zuerst sehr über diesen Familienausflug gefreut aber mittlerweile war sie nur noch genervt. Woher hätte sie denn auch wissen sollen das es von Sunset Valley, ihrem Wohnort, bis nach Isla Paradiso so weit sein würde? Als sie das erste mal von diesem Ausflug gehört hatte da dachte Ellie sie würden einfach ein paar Stunden weg sein und nicht ganze drei Tage! Sie hatten ihre Hunde und sogar ihre Pferde in eine Tierpension geben müssen. Tai war davon überhaupt nicht begeistert gewesen. Er hatte regelrecht dagegen protestiert als er von diesem Ausflug erfahren hatte. Tai wollte Nachtwind absolut nicht zurücklassen und Shaya und Adrian hatten große Mühe gehabt ihren ältesten Sohn davon zu überzeugen das man sich schon gut um Nachtwind kümmern würde. Tai hatte schließlich, nach einem langen Ausritt mit Nachtwind, zugestimmt und war zähneknirschend mitgefahren. Inzwischen schien seine schlechte Laune allerdings wieder verflogen zu sein. Dafür war sie bei Ellie nun umso präsenter. Doch es gab noch Hoffnung. Sie würden ihr Ziel tatsächlich bald erreicht haben. Zumindest behauptete das Navigationsgerät das und das würde doch nicht Lügen oder?

Das Navigationsgerät log tatsächlich nicht. Nach einer weiteren halben Stunde, die Ellie irgendwie überlebte, kam Familie Davis endlich an ihrem Bestimmungsort an. Zu Ellies Überraschung stand vor dem kleinen Ferienhaus bereits eine Familie die sie überhaupt nicht kannte. Ellie und auch ihre Geschwister musterten die fremden Leute regelrecht von oben bis unten. Natürlich wussten sie das sie diesen kleinen Ausflug nicht alleine unternehmen würden aber sie hatten trotzdem bisher nicht gewusst wer oder was sie dabei erwarten würde. Ellie fand die Leute so auf den ersten Blick eigentlich ganz sympathisch. Nur das Mädchen fand sie ein bisschen unheimlich.

Kaum hatte Adrian das Auto zum stehen gebracht riss Shaya bereits die Autotür auf und stürmte auf Emma zu. Alexej konnte gerade noch rechtzeitig zur Seite treten als sich Shaya Emma regelrecht an den Hals warf. Shaya drückte Emma ganz fest an sich und gab ihrer Freundin kaum noch Platz zum Atmen. Ein chaotischer Redeschwall prasselte auf Emma ein und sie verstand kein einziges Wort aber Shaya schien das völlig egal zu sein. Alexej sah dabei zu wie seine Verlobte verzweifelt versuchte Shaya wenigstens etwas von sich zu schieben und er überlegte ob er ihr vielleicht helfen sollte aber warum diesen schönen Moment zerstören? Es war doch schön wenn man so sehr vermisst wurde oder?
Benny und Nessa betrachteten die Szene vor ihnen argwöhnisch. Sie tauschten eindeutige Blicke miteinander aus und kamen sich ein bisschen vor wie in der Twilight Zone. Wenn alle Freunde ihrer Mutter so waren dann wollten sie die erst gar nicht kennen lernen.

Schließlich hatte Shaya endlich erbarmen mit Emma und ließ diese los. Emma japste sofort nach Luft und strafte ihre Freundin mit einem bösen Blick. Shaya achtete allerdings nicht darauf sondern wandte sich an Alexej. Mit einer hochgezogener Augenbraue musterte sie ihn eingehend und trieb Alexej damit ein wenig die Schweißperlen auf die Stirn. Shayas Blick war ihm sichtlich unangenehm und Emma berührte ihn leicht am Arm um ihn zu beruhigen. Dankbar lächelte Alexej Emma an und nahm ihre Hand in seine.
Shaya beobachtete das alles nachdenklich. Sie war völlig erstaunt über Emma. So kannte sie ihre beste Freundin überhaupt nicht. Emma schien sich sehr verändert zu haben. Von ihrer abweisenden und kalten Art schien wohl nicht mehr allzu viel übrig zu sein.
"Du bist also der Mann der Emma gezähmt hat." stellte Shaya schließlich fest und trieb damit sowohl Emma als auch Alexej die Schamesröte ins Gesicht.
"Shaya!" protestierte Emma verlegen und brachte damit Shaya zum lachen. So schlimm war diese Feststellung ja nun auch wieder nicht oder?
Shaya schüttelte amüsiert den Kopf und sah sich zum ersten Mal die Kinder von Emma und Alexej etwas genauer an.

"Ach du meine Güte!" entfuhr es ihr und sie trat einen Schritt nach vorne um Benny und Nessa genauer zu betrachten. Benny trat reflexartig einen Schritt zurück und brachte so wieder etwas mehr Abstand zwischen Shaya und sich. Nessa jedoch blieb unbeeindruckt stehen und musterte Shaya ebenfalls eingehend. Was wollte die bloß von ihr?
"Emma! Eure Gene haben sich so was von perfekt vermischt. Ich bin schier sprachlos!" rief Shaya begeistert aus und Emma stöhnte verzweifelt auf. Sie hatte ganz vergessen wie Shaya doch sein konnte.
Nessa starrte Shaya mit offenem Mund an und Benny wünschte sich ein Erdloch in das er sich verstecken konnte.
"Schatz, nun mach hier doch nicht alle so verlegen." schritt Adrian schließlich ein und legte Shaya eine Hand auf die Schulter. "Ich freue mich doch nur." murmelte Shaya leise und biss sich auf die Unterlippe um nicht noch mehr Peinlichkeiten von sich zu lassen. Hinter Adrian und Shaya standen ihre vier Kinder und wünschten sich, genauso wie Benny, ein Erdloch zum verstecken. Ihre Mutter hatte mal wieder alles durcheinander gebracht und dabei waren sie doch gerade erst angekommen. Ob sie diese drei Tage wohl heil überstehen würden? Alle hatten daran so ihre berechtigten Zweifel.
Während seine Geschwister noch verschüchtert und verlegen in der Gegend herumstanden betrachtete Lucius das Objekt seiner Begierde bereits ausgiebig.
Das besagte Objekt, auch bekannt als Nessa, erwiderte seinen Blick und zog fragend eine Augenbraue in die Höhe so als wolle sie sagen Was willst du denn, Kleiner?
Lucius verstand das eindeutig als Aufforderung und schritt zielstrebig auf Nessa zu. Direkt vor ihr blieb er stehen und sah zu ihr hoch. "Du bist echt heiß!" sagte er plötzlich völlig selbstbewusst und mit ernster Stimme. Für einen Moment war es total still und keiner sagte auch nur ein Wort. Nessa blinzelte irritiert. Hatte dieser Knirps sie gerade wirklich als heiß bezeichnet? Nessa war wirklich beeindruckt von Lucius. Er hatte auf jeden Fall Geschmack.
"Ich würde mir das an deiner Stelle lieber noch einmal überlegen." sagte plötzlich Benny und unterbrach damit die Stille. "Sie mag vielleicht gut aussehen aber sie ist ein Teufel. Ich schwöre dir - sie ist eine richtige schwarze Witwe. Du solltest dich lieber von ihr fernhalten." warnte Benny Lucius. Dieser sah ihn nur verwirrt an. Teufel? Schwarze Witwe?
Shaya versuchte vergeblich sich das Lachen zu verkneifen und ihre Kinder verloren diesen Kampf ebenfalls. Alle brachen in schallendes Gelächter aus. Emma und Alexej konnten sich nur synchron die Nasenrücken massieren. Das fing ja alles hier wirklich gut an. Wo sollte das nur hinführen?
Nessa dagegen war von Bennys Worten völlig überrumpelt und konnte es schier nicht fassen. Was für ein Rüpel! Was fiel Benny ein hier einfach so die Wahrheit auszuplaudern?!
"Benny!" schrie Nessa aufgebracht und zog ihren Bruder an dessen Ohr zu sich. Benny quiekte vor Schmerz auf aber konnte trotzdem nicht verhindern das sich seine Lippen zu einem breiten grinsen verzogen. Nein, er besaß sogar noch die Dreistigkeit lauthals zu Lachen. Nessa sah Rot und nahm ihren Bruder sofort in den Schwitzkasten. Dieses Verhalten würde sie ihm schon noch austreiben!

Während Benny vergeblich versuchte Nessa zu entkommen und gerade wahrlich um sein Leben kämpfte, erschien eine weitere Familie auf dem Grundstück. Völlig unbemerkt von allen anderen die nur damit beschäftigt waren das Schauspiel vor sich zu betrachten.
"Was ist denn hier los?" fragte Rudi erstaunt. Der chaotische Haufen sah sofort auf und Nessa ließ sogar Benny los. Dieser massierte sich sofort den Hals. Dieses Weib war wirklich der Teufel in Person!
Shayas Augen leuchteten als sie Isabella erblickte. Noch ehe es jemand verhindern konnte stürmte sie auf Isabella zu und praktizierte mit ihr die gleiche Prozedur wie auch schon vorher mit Emma. Und so wie Alexej zuvor stand nun Rudi hilflos daneben und wusste nicht was er tun sollte.
"Ich hab dich so vermisst, Isa!" rief Shaya glücklich aus und drückte Isabella fest an sich. Isabella murmelte, mit dem bisschen Luft die ihr noch blieb, eine Zustimmung und ließ Shayas Attacke einfach über sich ergehen.
Schließlich hatte Shaya genug und ließ Isabella schließlich los. "Wir drei haben uns so lange nicht mehr gesehen! Wir müssen uns unbedingt unterhalten!" fand Shaya und zog plötzlich Isabella einfach mit sich ins Haus. Auf dem Weg dahin schnappte sie sich gleich noch Emma. Nicht das diese noch auf die Idee kam wegzulaufen.
Zurück blieben drei völlig überrumpelte Männer und deren Kinder.
Adrian räusperte sich verlegen. Seine Verlobte war schon eine einmalige Frau. "Wie wäre es wenn wir uns alle ein wenig besser kennen lernen würden? Wollt ihr Kinder euch vielleicht als erstes die Zimmer ansehen?" schlug Adrian vor. Alle Kinder würden sich Zimmer teilen müssen. Die älteren Kinder wurden nach Geschlechtern getrennt und die Jüngeren würden sich ein Zimmer teilen. In dem Alter war es ja noch nicht so dramatisch wenn Jungen und Mädchen zusammen in einem Zimmer schlafen würden.
Die Kinder waren einverstanden und begaben sich also ins Haus um es zu erkunden und die Männer blieben schließlich alleine zurück. Alexej und Rudi kannten sich natürlich bereits. Adrian jedoch nicht. "Lust auf ein Bier?" fragte Alexej schließlich und traf mit diesem Vorschlag sofort auf volle Zustimmung.
So setzten sich also die Männer mit einem guten Bier in den Garten und genossen ein wenig die Ruhe. Sie ahnten alle das diese nicht lange anhalten würde. Doch noch war das Chaos zumindest überschaubar.
Eine ganze weile sagte keiner der drei Männer auch nur ein Wort. Alle machten sich Gedanken über den morgigen Tag und dessen Folgen. Ja, morgen sollte wahrlich ein ganz besonderer Tag werden.
"So, Männer!" sagte plötzlich Rudi und brachte damit Alexej und Adrian vor Schreck fast dazu ihre Biergläser fallen zu lassen.
"Habt ihr euch das auch gut überlegt? Noch können wir einen Rückzieher machen." spielte Rudi auf den morgigen Tag an. Morgen würden alle drei Männer nämliche ihre Rechte und Freiheiten für immer aufgeben und zu Ehemännern werden. Zumindest war das der Plan.
Alexej winkte sofort ab. "Lass mal. Ich will gar nicht wissen was Emma mit mir machen würde wenn ich die Hochzeit absagen würde."
Ein kalter Schauer lief über Alexejs Rücken als er sich die möglichen Konsequenzen vor Augen hielt. Emma mochte vielleicht nicht so aussehen aber sie konnte mindestens so Furcht einflößend sein wie Nessa. Außerdem liebte er Emma und wusste das er den Rest seines Lebens mit ihr verbringen wollte.
Adrian und Rudi dachten ähnlich darüber. Adrian brauchte wegen Shaya oft sehr starke Nerven aber es lohnte sich. Ein Leben ohne sie und die Kinder konnte und wollte er sich nicht mehr vorstellen.
"Isa würde mich sicherlich nicht umbringen." sagte Rudi voller Überzeugung. "Allerdings würde es ihr das Herz brechen und dafür will ich niemals der Grund sein." seufzte Rudi. Alexej und Adrian stimmten mit ein und alle lehnten sich zurück um in die Ferne zu sehen.


"Wie habt ihr Isabella und Emma eigentlich kennen gelernt?" fragte Adrian neugierig. Shaya geizte manchmal mit solchen Informationen und außerdem war es immer noch etwas anderes solche Geschichten aus erster Hand zu erfahren als um unzählige Ecken.
"Isabellas Kater hat meine Katze geschwängert." erklärte Rudi trocken und brachte damit Adrian und Alexej zum lachen. "Dadurch sind wir uns dann langsam immer näher gekommen." seufzte Rudi leise. Ja, das war wirklich eine schöne Zeit gewesen. Irgendwie kam es Rudi vor als wäre das schon etliche Jahre her. Die Zeit verflog wirklich um einiges schneller wenn man glücklich war.
"Da gab's aber noch ein kleines Problem." warf Alexej ein und Rudi nickte zustimmend. Das hätte er ja fast vergessen.
"Isa hatte damals leider noch eine kleine Schwäche für einen komischen Typen aus dem Internet." erklärte Rudi und fing sich dafür gleich einen Tritt gegen das Schienbein ein. "Dieser angebliche komischer Typ war ich, du Nudel!" erinnerte Alexej seinen besten Freund. "Sag ich doch!" wehrte Rudi sich und ließ es sich nicht nehmen Alexej ebenfalls einen Tritt zu verpassen.
Adrian beobachtete das Schauspiel vor sich mit einem amüsierten grinsen und gönnte sich kopfschüttelnd einen weiteren Schluck Bier.
"Jedenfalls, hatten wir wirklich Glück das es kein Drama deswegen gegeben hat. Isa und Alexej haben sich zwar wirklich getroffen aber ich konnte mich vorher noch rechtzeitig in Isabellas Herz schleichen." sagte Rudi voller Stolz. Isabella war immerhin ein richtiger Jackpot für ihn gewesen und natürlich war Rudi stolz darauf das Isabella sich für ihn entschieden hatte.
"Ich war darüber auch überhaupt nicht traurig." stellte Alexej klar. "Ich kannte damals bereits Emma. Ich hatte sie im Park kennen gelernt. Mein Hund hat ihr Buch zerstört. Zum Glück für mich verliebten sich unsere Hunde sofort ineinander und so haben wir uns immer wieder getroffen. So richtig zusammen gekommen sind wir aber erst als Emma ungeplant schwanger wurde. Unsere Kinder sind in vielerlei Hinsicht ein absoluter Glücksgriff. Ohne sie hätte Emma sich bestimmt niemals auf mich eingelassen." erzählte Alexej und Adrian nickte wissend. "Deine Geschichte kommt mir ein bisschen bekannt vor." merkte er an. "Ich habe Shaya ganz klassisch in einem Club getroffen. Shaya wollte keine Beziehung und war leider nur auf Spaß aus. Ich wollte aber eine feste Beziehung mit ihr. Ich glaube nicht das sie sich so einfach auf mich eingelassen hätte wenn sie nicht schwanger geworden wäre. Zumindest nicht so schnell." erzählte nun auch Adrian die Kurzfassung von seinen Anfängen mit Shaya.
"Eins ist sicher: Meine Kinder bekommen einen extra Kurs in Sachen Verhütung!" stellte Alexej energisch klar. "Für uns ist es zwar alles gut gelaufen aber Unfälle passieren nun mal und meinen Kindern soll das so schnell nicht passieren. Bitte erst wenn sie erwachsen sind und auf eigenen Beinen stehen können." Um Nessa machte sich Alexej da eher weniger Sorgen. Nessa und Jungs passte für ihn so gar nicht zusammen. Alexej war sich sicher das kein Junge würde Nessa beeindrucken können.
Adrian und Rudi stimmten Alexej sofort zu. So früh Eltern zu werden war definitiv mit das Letzte was sie sich für ihre Kinder wünschten.
"So, meine Herren!" rief Adrian plötzlich aus und stellte seine leeres Bierglas zurück auf den Tisch. "Ich habe Lust auf eine Runde Körbe werfen. Interesse?" Rudi schüttelte den Kopf aber Alexej war sofort dabei.