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Chasko hatte sich gerade die ersten drei Gläser Wodka hinter die Birne gekippt, um den leicht ranzigen Geschmack des Bluts zu neutralisieren. Umso weniger vorbereitet war er auf Neeras Frage.
"Meine Familie?" Er stutzte. "Ähm... naja... die Draculea sind..." Ein wenig ratlos zuckte er mit den Schultern. "Vermutlich ungefähr das, was sich Menschen unter einem Vampirklan vorstellen. Wir gehören zu den Klans, die das Blut von Menschen bevorzugen. Ich glaub, mein Vater hat seit dem großen Krieg gegen die Wölfe kein Tierblut mehr getrunken... das ist mehr als 1000 Jahre her. Er ist der Anführer unsres Klans und genauso kalt, wie man es von ihm erwartet. Meine Mutter dürfte auch ihrem Ruf entsprechen. Sie ist die schönste Frau der Welt..." Um davon überzeugt zu sein, brauchte Chasko keine Gerüchte, die das bestätigten. "Und gleichzeitig auch die unnahbarste. Aber sie ist eine wunderbare, liebevolle Mutter... meine Geschwister - davon hab ich 20, die noch am Leben sind - sind größtenteils ganz ok. Nur ein paar von ihnen sind ziemliche Pfeifen. Keine Ahnung... ich glaub, da gibts nicht so viel zu erzählen. Wenn du was wissen willst, musst du schon spezifischer Fragen, Süße."
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![]() Bin nicht da, bin mich suchen gegangen. Falls ich wieder da bin, bevor ich zurück komme, sagt mir, dass ich auf mich warten soll ![]() |
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Neera hörte Chasko aufmerksam zu und nickte ab und an. Sie wusste nicht allzu viel über das Innenleben eines Klans. Uns bisher hatte man sie immer vor Vampiren gewarnt. Aber so lange sie unter all ihren Familienmitgliedern und Freunden war, fühlte sie sich sicher. Und immerhin hatte dieses Exemplar sich als eine Art Held bewiesen.
„So viele Geschwister... da kannst du dich ja glücklich schätzen.“, meinte sie und legte einen Arm um Azazel, um ihn an sich zu ziehen und ihn kurz liebevoll zu drücken. Der Zwanzigjährige war diese Nähe noch überhaupt nicht gewohnt und wurde dabei jedes mal erst ganz starr, ehe er sich doch lockerte. „Hm... ist es für euch in Ordnung, wenn ihr beide in meinem Zelt schlaft? Ich mein, es ist nicht viel Platz und auch einen Sarg für dich kann ich nicht anbieten... aber es ist sicher und weder zu warm, noch zu kalt.“ Azazel wollte schon sagen, dass das für ihn kein Problem darstellte, bei Chasko war er sich nicht sicher, aber er hielt inne, als er ein ungewohntes Geräusch in dieser Umgebung vernahm. Von der schottrigen Straße, die sie entlang hier her gekommen waren, klang dumpfes Motorengeräusch. Zu hell für einen Wagen, eher Ein Motorrad. Wer auch immer es war... er gehörte nicht zu der Truppe hier, hielt kurz an und sah nur durch den lichten Waldteil zu den wenigen Lichtern hier herüber.
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"Von mir aus. Wenn es dich nicht stört, dass ich..."
Chasko kam nicht dazu, seine sicher dezent zweideutige Anspielung zuende zu führen. Auch ihn ließ das Motorengeräusch aufhorchen. Langsam stand er auf. "Erwartet ihr noch jemanden?" Die Frage war überflüssig. Sie waren vollzählig. Keiner von ihnen wäre zu dieser Zeit noch allein unterwegs. Auch in einem eher dünn besiedelten Land wie diesem war es dafür zu gefährlich. Wer auch immer das war, war sich dessen nicht bewusst. Oder aber es war ihm egal. "Azazel, du bleibst bei Neera." Eben noch war er total gelöst und auch schon leicht angetrunken gewesen. Jetzt aber hatte Chasko die Körperspannung eines Soldaten, der seit Wochen keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt hatte. Für ihn stand es außer Frage, dass er die Situation klären würde. "Geht zu den Autos. Los." Er selbst ging mit entschlossenen, aber bedachten Schritten auf den Unbekannten zu. "Wer bist du?" Irgendwie befürchtete er, die Antwort schon zu kennen.
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Neera wollte protestieren, aber ihr Sohn zog sie doch mit sich zu den anderen, in Sicherheit. Wenn Chasko so etwas befahl, gehorchte Azazel noch immer aufs Wort. Jetzt vielleicht sogar noch viele her, als zuvor.
Dort blieb er still, wartete und horchte. Der Motorradfahrer schwieg, als Chasko auf ihn zu kam. Er beantwortete die Frage vorerst nicht. Erst, als ihm der Vampir zu nahe kam, startete er den Motor wieder, fuhr los, in einer Schlaufe, so, dass er nun in die andere Richtung gewandt dastand, nur wieder einige Meter von Chasko entfernt. „Ich soll euch sagen, dass ihr brennen werdet. Du wirst bereuen. Sie wird bereuen und er auch.“, entgegnete der Unbekannte dann endlich in derbem Dialekt. Dann warf er etwas vor Chaskos Füße. Es war klein, ein Bündel aus blutig verklebten Federn. Ein Falke mit dunkelsilbenen Flügeln und weißem Bauch. Wenn man nicht genau hinsah, mochte man vielleicht denken, es wäre tatsächlich Sef, Azazels Haustier, aber es war nur ein Artgenosse. Das Symbol aber, kam damit an und ehe Chasko noch etwas tat, fuhr der Fremde in rasantem Tempo wieder davon.
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Chasko ballte die Hände zu Fäusten.
"... verflucht..." Was zur Hölle sollte der Mist? Ging das von Cassiel aus? War dieser Typ wirklich so verrückt? Und wie viele standen bei dieser Sache hinter ihm? Was wollte er überhaupt? "... worauf hab ich mich da nur eingelassen?" Der Vampir wirbelte herum und lief zurück. "Ihr müsst weg hier. Cassiel... oder was weiß ich, wen ihr sonst noch zum Feind habt... auf jeden Fall wissen die, wo ihr seid." Mit energischen Schritten ging er auf Neera zu. Sein Blick war ernst. "Und du... du musst mir sagen, was passiert ist, wer hinter dir her ist, wie viele, zu was sie fähig sind und was der ganze Mist soll. Ich kann weder dich noch Azazel schützen, wenn ich nicht weiß, worauf ich mich einstellen muss." Er schob sie ein wenig zur Seite, so dass Azazel ihn nicht mehr hören konnte und sah sie eindringlich an. "Ich hätte ihn nicht her gebracht, wenn ich gewusst hätte, wie viele Spinner an der Sache beteiligt sind... ich bin für ihn verantwortlich und ich werde nicht riskieren, dass ihm etwas zustößt. Ich kann euch helfen. Aber dann musst du kooperieren."
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Neera schüttelte langsam den Kopf, ihre Augen starrten Chasko unentwegt ängstlich an.
„Es... es gibt nur Cassiel... aber er setzt ab und zu jemanden an. Nur für Oberflächliches. Er würde nie jemanden schicken, um... um es zu tun. Das will er selbst übernehmen. Es ist nur er.“, antwortete sie ehrlich, „Und es geht nur um mich...“ Die freude von vorhin war wie weggeblasen, sie hatte Angst, das war offensichtlich. Unsicher sah sie kurz zu den anderen. „Sie können nicht alle weg... ich gehe. Die anderen interessieren ihn wirklich nicht. Ihnen hat er nie was getan, selbst, wenn er die Chance dazu hatte.“ Entschlossen, das allein durchzuziehen ging sie zum Zelt, wo sie einige Sachen zusammen packte und zu einem der Autos trug. Azazel folgte ihr zögerlich. „Was ist passiert? Wo gehst du hin?“ „Steig ein, Azazel.“ „...was?“, Azazel blieb stehen, seine trüben Augen wanderten hilfesuchend zu Chasko. Er saß zwischen den Stühlen. Cassiel war noch immer der, der ihn großgezogen hatte... aber hier hatte er innerhalb von wenigen Stunden so viel Zuneigung bekommen, wie sonst nicht je von seinem Vater. Allerdings bekam er nicht die Wahl. Ein paar von Neeras Freunden halfen noch kurz mit und schoben ihn schlussendlich auf die Rückbank des Autos. Neera selbst setzte sich ans Steuer, stieß dann die Beifahrertür auf und sah zu Chasko. „Kommst du mit oder willst du zurück? Ich nehme dir nichts übel, du steckst schon tiefer drin, als du solltest...“
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Chasko antwortete nicht, sondern stieg ohne zu zögern in den Wagen. Für ihn gab es da keine Entscheidung. Es war eine Selbstverständlichkeit, dass er half. Schon allein, weil er Azazel nicht allein lassen wollte.
"Was hat er vor? Will er dir was antun? Warum?", bohrte er noch einmal nach. "Ich warne dich... Cassiels Geheimnistuerei ist der Grund, aus dem Azazel und ich überhaupt erst angefangen haben, Nachforschungen anzustellen. So etwas macht nicht gerade sympathisch. Also raus mit der Sprache. Azazel hat ein Recht alles zu erfahren, was passiert ist." Mit einem Flirt hatte der Ton, den Chasko anschlug, absolut gar nichts mehr zu tun. "Und wie können wir ihn los werden? Dass Azazel sich sein Leben lang verstecken muss, ist keine Option."
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Neera antwortete erst nicht, sie schien zu überlegen, während so los fuhr.
Erst, als sie wieder auf der asphaltierten Straße waren, seufzte sie und begann, zu erklären. "Wir haben uns furchtbar gestritten damals... als Azazel seine besondren Fähigkeiten entwickelt hat. Cassiel war besessen davon und wollte alles darüber herausfinden. Ich wollte das nicht. Es machte mir Angst und du warst so klein... ich wollte dich ganz normal großziehen. Nicht wie ein Experiment. Wir haben furchtbar gestritten. Er wurde irgendwann brutal. Ich wollte mit dir weglaufen, aber ich kam nicht weit... er hat... hat deine Augen... und wollte mich töten. Meine Freunde konnten mich gerade so da raus holen und egal, wie sehr ich danach versucht habe, dich zurück zu holen, es wurde immer unmöglicher, bis er drohte, dir etwas zu tun, sollte ich noch einmal nahe kommen. Ein paar Monate ließ er mich in Ruhe, bis ich zu schreiben begann, seitdem will er mich ganz... loswerden." Ihre Gesichtszüge waren blank, die grünen Augen stumpf auf die Straße gerichtet. "Es ist nur Wut, die ihn treibt. Und Gier. Am liebsten hätte er die Fähigkeit selbst." Azazel war kalt. Er wollte nicht glauben, was er da hörte. So war Cassiel doch nicht.... nicht immer. Meistens... Für ihn war es so unnatürlich, plötzlich dagegen zu sein. Ew zu glauben war allein schon schwer... *Kann nicht sein....*
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Geändert von Versus (03.10.2014 um 22:23 Uhr). |
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Chasko hatte weniger Schwierigkeiten, die Geschichte zu glauben. Für ihn passte sie voll und ganz ins Bild.
"Azazel tanzt jetzt aber nicht mehr nach seiner Pfeife und damit muss er sich abfinden." Er behielt die Straße unentwegt im Blick. Um diese Zeit war kein anderes Fahrzeug unterwegs. Das war einigermaßen beruhigend. Aber eben nur einigermaßen. "Azazel, wie meinst du hat er uns so schnell finden können? Er kann uns unmöglich gefolgt sein und wenn er uns belauscht hätte, als wir darüber geredet haben, wo deine Mutter ist, dann hätte ich das merken müssen. Hat er irgendeine Möglichkeit dich ausfindig zu machen? Oder kann er seine Präsenz verschleiern... so, dass nicht mal ich es bemerke?" Das war nahezu unmöglich für einen Menschen. Nein, eigentlich konnte das nicht sein. Aber dieser Typ beschäftigte sich mit Alchemie. Vielleicht hatte er doch einen Weg gefunden.
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