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Sharon bekam nichts von Katans selbstgefälligen Gedanken mit. Was vielleicht besser so war, immerhin wollte sie keinen Streit. Auch wenn Katan natürlich recht hatte. Ihr Vater war sehr selbstbezogen. Nachdem ihr Vater ihm auch noch gedroht hatte, konnte sich die Vampirin ein Augenverdrehen nicht verkneifen. So hatte sie es sich nicht vorgestellt ihren Vater wiederzusehen. Katans Worte hingegen freuten sie. Es freute sie, dass er das erkannt hatte. Auch wenn sie sich wunderte, warum er denn dann ständig das Bedürfnis hatte, auf sie aufzupassen?
Wie dem auch sei, etwas dazu sagen, tat sie jedoch nicht und ihr Vater schien auch nicht das Bedürfnis zu verspüren da noch etwas hinzuzufügen, so sonderlich zufrieden war er mit der Aussage jedoch nicht. „Willst du denn schon jetzt sofort gehen?“ Fragte er missmutig. „Ich denke, wir sind beide froh, wenn wir nach Hause kommen.“ antwortete sie ihm. „Und ich hoffe, du entscheidest dich dazu meine Mutter freizulassen. Auch sie verdient es nicht, gefangen gehalten zu werden.“ Darauf antwortete der Vampir nichts, sondern stand von seinem Stuhl auf. „Dann werde ich dir den Weg nach draußen zeigen.“ So sehr sie es nicht wahr haben wollte, aber es kam sowas wie Mitleid bei ihr für ihren Vater auf. Und das, obwohl er zuvor noch die Hälfte ihrer Familie ermordet hatte. Auch sie stand auf und schüttelte fast unkenntlich den Kopf darüber. Es war wirklich traurig, dass sie keinen ihrer Elternteile wirklich vertrauen konnte. Damit machte sie sich auch schon auf den Weg ihrem Vater zu folgen, der sie aus dem Raum in einen anderen Raum führte, in dem auch wieder einige Bücherregale und Bilder hängten. Ein altes Portrait eines wohl adligen Vampirs hob er hoch und betätigte sowas wie einen Mechanismus, der ein eigenartiges Geräusch hinterließ, dann schob ihr Vater eines der Bücherregale zur Seite und eine verborgene Treppe war dahinter, die zwar rechteckig und doch spiralförmig nach oben führte. „Hebt das Bild auf der 128. Stufe an und ihr kommt raus.“ Damit ging er auch schon auf ein Kästchen zu, das sich in dem Regal befand und öffnete es. Darin befand sich ein Stein, der ganz ähnlich aussah wie der Schlüssel, mit dem man das Tor zum Palastes aufbekam. „Damit kommst du wieder rein.“ Seine Stimme wirkte matt und traurig. „Ich hoffe, du kommst wieder.“ gestand er ihr. „Irgendwann werde ich das. Aber zuerst brauche ich Bedenkzeit.“ Damit ging sie auch schon durch den Spalt die Treppe hinauf. Sie sah ihrem Vater noch einmal nach und fing dann an die Treppenstufen zu zählen. Es dauerte nicht lang bis sie bei 128 angekommen war. Das Bild was sie hochhob bildete einen Blumenstrauß aus verwelkten Blumen ab und dahinter befand sich ein recht schmaler Schacht durch den man durchkrabbeln musste. Sie blickte kurz nachdenklich zu Katan. „Siehst du irgendwas dahinter? Nachher ist es doch eine Falle.“ Sie spürte auf jeden Fall nichts lebendiges dahinter, was ja grundsätzlich eher gut war.
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Katan schwieg den Rest des Gesprächs über. Ihm fiel natürlich auf, dass Sharons Vater seine Antwort nicht gefiel aber das war ihm egal. Der Mann bedeutete ihm nichts und seine Meinung war ihm ebenfalls nicht wichtig. Was ihn allerdings ärgerte war die Tatsache, dass er Sharons Stärke offensichtlich maßlos unterschätzte und es offenbar nicht guthieß, dass sie keinen Beschützer hatte. Warum? Katan verstand es nicht. Seiner Meinung nach war es besser wenn jemand auf sich selbst aufpassen konnte und keinen Schutz nötig hatte. Aber der Vampir sah das wohl anders. Trotzdem schwieg er und lauschte lediglich den Wortwechseln von Vater und Tochter.
Vollkommen lautlos, als wäre er gar nicht da, ging er neben Sharon her und blickte sich interessiert und sehr aufmerksam um. Es wäre sicher interessant diese Stadt irgendwann näher in Augenschein zu nehmen und ihre Geheimnisse herauszufinden. Vielleicht könnten sie das irgendwann einmal tun, falls Sharon Interesse daran hatte. Wenn nicht, dann nicht. So wichtig war es auch nicht. Sein Blick fixierte sich auf seine Freundin auch wenn er natürlich ihren Vater aus den Augenwinkeln heraus ebenfalls beobachtete. Wann sie wohl wieder hierherkommen wollte? Hatte sie wirklich vor eine familiäre Beziehung zu dem Mörder ihrer Familie aufzubauen? War das normal für Sterbliche? Er hatte bisher eher den Eindruck gehabt, dass das ein unverzeihliches Verbrechen für die Meisten war. Aber vielleicht war Sharon dahingehend ja eine Ausnahme. Katan selbst hatte nicht wirklich eine klare Meinung dazu. Als Sharon sich auf den Weg machte, warf er ihrem Vater noch einmal einen langen, nachdenklichen Blick zu, wandte sich dann aber wortlos ab und folgte seiner Freundin, zuckte nur kurz mit der Schweifspitze. Als sie bei dem Bild ankamen und Sharon ihn fragte ob er irgendwas dahinter wahrnahm konzentrierte er sich kurz einige Augenblicke auf die Seelen in ihrem unmittelbaren Umfeld, konnte aber keine Gefahr spüren. Er schüttelte den Kopf, übernahm nun aber trotzdem lieber die Führung. Es gefiel ihm nicht wie schmal dieser Schacht war, es gab wenig Raum um sich zu wehren. Zwar sollte ihnen hier keine Gefahr drohen, trotzdem widerstrebte ihm diese Tatsache. Was ihm noch weniger gefiel, war wie lang der Schacht war. Was war das für ein komischer Ausgang. Katan konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Vampire ständig auf diese Weise den Untergrund verließen. Er seufzte und murmelte Sharon nachdenklich zu: "Dein Vater hat keinen sonderlich guten Geschmack was praktikable Ausgänge angeht." Zumindest erreichten sie nach einigen Augenblicken endlich den Ausgang. Katan konnte schon gedämpftes Licht vor sich ausmachen und zwängte sich am Ende des Ganges durch einen Spalt nach draußen. Er fand sich in einem dichten Gestrüpp wieder das wenig einladend war. Als er sich aufrichtete und hinter sich blickte war von dem Spalt nichts mehr zu sehen, scheinbar war es ein Ausgang der nur in eine Richtung offen war. Rasch kämpfte er sich also durch das Gestrüpp und sah sich interessiert um. Wo waren sie? Er konnte nichts erkennen was auf Zivilisation hindeutete. Eine Tatsache die ihn nicht sonderlich überraschte, immerhin wollte der Klan ja offensichtlich im Verborgenen leben. Dafür waren sie jedoch umgeben von hohen, sehr dicken Bäumen, die sehr alt und vor allem unberührt aussahen. Es war ein wilder, alter Wald. Und vermutlich sehr tief. Wo genau sie sich jedoch befanden war schwer zu sagen. Er war sich nicht mal sicher in welchem Land sie sich befanden. Aber vermutlich nicht zu weit weg von Sharons ehemaligem Zuhause. Vorausgesetzt ihre Mutter war nicht weit weggezogen nachdem sie Sharons Vater um Hilfe gebeten hatte. Zumindest nahm Katan an, dass sie nicht weit entfernt von ihm gelebt hatte, immerhin musste sie ja irgendwie von ihm gehört und zu ihm gefunden haben. Er wartete darauf, dass Sharon sich zu ihm gesellte und fragte sie mit leicht schräg gelegtem Kopf, in nachdenklicher Tonlage: "Möchtest du sofort Nachhause oder nochmal nach deinem Bruder sehen? Und kommt dir irgendetwas hier bekannt vor?"
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Auch die Vampirin fand es störend, dass der Schacht so eng und lang war. Da sie nur robbend durch den Schacht kriechen konnten, dauerte das Vorankommen ziemlich lange und eine ganze Weile, bis sie dann endlich den Ausgang erreichten. Katans Worte ließen sie nur hörbar schmunzeln, sie gab aber keine weitere Antwort darauf. Er hatte schon Recht damit. Aber wie sie sich vorstellen konnte, wurde dieser Ausgang eh nur zu Ausnahmezwecken benutzt.
Auf ihren Zehenspitzen stellend machte sie sich lang und hob ihr Hände gen Himmel, um sich zu strecken. Endlich. Erleichterung machte sich in ihr breit, als sie sich umsah. Sie befanden sich in einem Wald mit urig, alten Eichen, die so knöchrig und düster waren, dass sie schon fast unheimlich wirkten, wenn man es nicht gewohnt war. Über den Waldboden zogen sich dichte Nebelschwaden. Er war so nass, dass, als Sharon einen Schritt nach vorne machte, ihr Fuß direkt mit einem Schmatzen in einem kalten Matschloch versank. Mit einem unzufrieden Schnauben und dem Schwarzhaarigen einen warnenden Blick zuwerfend, dass er bloß sie bloß nicht auslachte, zog sie ihren Fuß wieder heraus und achtete darauf stattdessen über das zahlreiche, mit Moos überzogene Totholz zu laufen, aus dem hier und da immer mal wieder Pilze wuchsen. Bis auf den kühlen Wind, der das Laub in den letzten Spitzen der Kronen zum Rascheln brachte, war es ruhig. Sharon hatte gar nicht bemerkt, wie angespannt sie die ganze Zeit über gewesen war. Erst als das Rauschen des Windes, die frische Luft und die Einsamkeit ihre Beklemmungen hinfort trugen, sanken ihre Schultern entspannt nach unten und sie konnte die Freiheit in vollen Zügen genießen. Lang schien Katan ihr diesen Genuss jedoch nicht zu gönnen, denn da fragte er sie auch schon, ob sie lieber nach Hause oder nochmal zu ihrem Bruder sehen wollte und belastete sie mit der Verantwortung, die sie wohl oder übel trug, ihrem Bruder alles zu erklären. Sie war sich nicht sicher, ob sie sein Leid ertragen konnte. Er wäre wohl das Richtige gewesen, ihn aufzusuchen und ihm zu helfen, aber alles in ihr sträubte sich dagegen. Das war auch der Grund dafür, weshalb die Vampirin zögerte, bevor sie Katan eine nachdenkliche Antwort gab. „Ich würde gerne über einiges nachdenken, bevor ich meinen Bruder wieder aufsuche. Ich brauche Ruhe.“ Sie schenkte ihrem Freund ein sanftes Lächeln, ehe sich ihre Augen von seinem Gesicht lösten und ihren Blick über die Bäume schweifen ließ. Es kam ihr nichts bekannt vor. Sie hüpfte einen der Bäume, so weit in die Spitze hinauf, wie die Äste sie trugen und schaute über die Kronen hinüber, ob sie irgendetwas ausmachen konnte. Aber weit und breit bis zum Horizont war nichts außer Wald und ein paar Berge zu sehen, die auch mit Wald überzogen waren. Es war jedoch auffällig, dass es mittlerweile wohl Ende der Nacht war. Die Sonne dürfte wohl in der nächsten Stunde aufgehen, wenn sie das richtig beurteilte. Gut, dass sie sich im Schatten des Waldes befanden. Sie sah zu Katan herab und schüttelte den Kopf, ehe sie sich wieder mit einem Satz auf den Waldboden begab. „Nichts außer Bäume. Als Kind hätte mich wohl auch niemand so weit in den Wald hineingelassen.“ Und dennoch hatte ihre Mutter es geschafft zu entkommen und sich nicht in dem Wald zu verlaufen. Noch einmal ließ sie ihren Blick durch das Gehölz schweifen, als ihr da auch schon ein recht unauffälliger Nagel auffiel, der in eine der Eichen geschlagen worden war und in eine bestimmte Richtung zeigte. „Siehst du den Nagel da?“ Interessiert ging sie auf diesen zu und folgte der Richtung, in der der Nagel deutete. „Hier noch einer!“ Rief sie aus, als sie in dem nächsten Stamm einen entdeckte. „Meinst du die führen hier raus?“ Selbst wenn nicht, war Sharon zu neugierig, wo sie wohl hinführten. Sharon wartete auch gar nicht lange auf Katans Antwort, sondern hüpfte von einem Totast zum anderen und über die Pfützen hinüber, den Nägeln folgend.
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