Es stimmte. Je amüsiert-herablassender Chasko tat, umso sehr war Nouk angestachelt, ihn zu besiegen.
Dass es rein von der logischen Seite aus geradezu unmöglich war, spielte für ihn gerade überhaupt keine Rolle. Nouk wollte sich beweisen. Und da konnte die Selbstüberschätzung in seinem Kopf schon mal auf Hochtouren gehen.
Nouk wusste ganz genau, wie man fair armdrückte. Oft genug veranstalteten die jüngeren Vampire soetwas untereinander im Klan oder in irgendwelchen Tavernen, um sich die Zeit zu vertreiben.
Nouk hatte dabei bisher jedes Mal verloren – auch gegen sehr viel schwächere, als Chasko. Aber das zählte jetzt nicht.
Das hier war anders.
Nouks goldene Augen blieben fest auf Chaskos blaue fixiert – darin ein vollkommen entschlossener Ausdruck, als er begann, seinen Arm gegen den seines Bruders zu stemmen.
Es passierte.... nichts.
Nouk hatte es erst mit weniger Kraft versucht, nichts. Also brachte er mehr auf. Nichts. Wieder mehr... nichts. Und so ging das Spielchen erstmal weiter.
Nouk wollte fair gewinnen, mit Austricksereien war also nichts. Immerhin hätte das dann ja nicht wirklich gezählt. Und es sollte aber zählen. Chasko sollte schon den Beweis haben...
Allerdings musste Nouk den erstmal erbringen – oder viel mehr seine Kraft. Aber es funktionierte partout nicht. Chaskos Hand rührte sich nicht mal von der Stelle.

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Chasko schmunzelte leicht. Es war wirklich nicht so, dass er seinen Bruder für einen Schwächling hielt. Ganz und gar nicht. Immerhin war auch Nouk ein Vampir und er hatte viele Stärken, die man ihm auf den ersten Blick gar nicht ansah. Aber Muskelkraft gehörte definitiv nicht dazu. Zumindest keine derart große, dass er eine Chance gegen Chasko gehabt hätte.
"Hast du schon angefangen?", witzelte er beiläufig. Ein paar Augenblicke ließ er Nouk noch arbeiten und tat so, als würde er nicht einmal merken, wie sein Bruder alle Kraft aufbrachte, die ihm zur Verfügung stand. Ganz kurz gab er sogar ein klein wenig nach, aber dann kam er mit voller Kraft zurück und drückte Nouks Arm auf den Felsen, als wäre er nur ein dünner Ast.
"Ich glaube, die Runde geht an mich."
Grinsend verschränkte er die Hände hinter den Kopf und sah Nouk an. Es gab keinen Grund, seinen Triumph groß zu feiern. Immerhin war es keine wirkliche Herausforderung gewesen.

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Es hatte ihn wirklich angestrengt. Sein Arm tat weh von dem ganzen Drücken und Stemmen, aber er hatte trotzdem einfach mal so eben verloren. Und das, obwohl er sogar gedacht hatte, ein Stück voranzukommen, als Chasko kurz nachgelassen hatte.
Nouk massierte erst widerwillig seine Handinnenfläche, ehe er dann mit seiner gewohnt trotzigen Art zurück kam. Diesmal stellte er den linken Arm auf.
„Okay, diesmal hast vielleicht du gewonnen, aber jetzt mal mit links.“, forderte er Chasko auf – und zwar vollkommen ernst. Als wäre es ein ausgeglichenes Kräftemessen. Genauso war auch sein Blick verbissen, es diesmal zu schaffen.
„Und danach... wer öfter einen von diesen Baumstämmen da hochstemmen kann, okay?“

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Chasko verdrehte die Augen. Er ahnte, wohin das führen würde. Er würde bis spät in die Nacht noch hier sitzen und irgendwelche einfachen Kraftaufgaben gegen ein vollkommen erschöpftes Eichhörnchen über sich ergehen lassen. Dafür hatte er weder die Zeit, noch die Nerven. Aber Nouk würde nicht aufgeben. Chasko kannte seinen Bruder zu gut. Der kleine Nervkeks würde selbst dann noch nach mehr schreien, wenn er schon halb tot am Boden lag. Da half wohl oder übel nur eins...
"Mit links? Puh... Das ist mein schwacher Arm."
Eine Lüge. Chasko hatte überhaupt keinen schwachen Arm.
"Aber schön, wie du willst."
Er setzte ebenfalls seinen linken Arm auf, legte die Hand erneut in Nouks - Gott, das sah so dämlich aus - und drückte leicht dagegen. Nicht mit nennenswerter Kraft. Dieses Mal nicht. Dieses Mal würde er seinem Bruder eine Chance lassen und tatsächlich nach geben, wenn der zu Drücken begann. Vielleicht würde er ihn sogar gewinnen lassen, einfach nur, damit er Ruhe gab.

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Und wieder begann Nouk damit, alle Kraft gegen Chasko aufzuwenden... und diesmal funktionierte es!
Nouks Überraschung war selbst im ersten Moment so groß, dass er beinahe wieder nachgab – aber eben nur beinahe. War das also tatsächlich Chaskos schwacher Arm? Wirklich?
Nouk hatte gedacht, er wolle ihn nur reinlegen... aber jetzt war er sich gar nicht mehr so sicher. Dann konnte er ja wirklich gegen Chasko gewinnen! Zumindest malte Nouk sich schon hohe Chancen aus, als er Chaskos Arm so weit bewegt bekam... nur noch ein Stückchen...
„Hah, siehst du, siehst du?!“, keuchte er ganz aufgeregt – und das eher, als sei Chasko ein Zuschauer, dem Nouk etwas tolles zeigen wollte, als sein eigentlicher Gegner.

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Unfassbar, Nouk schien wirklich zu glauben, er hätte eine realistische Chance gegen Chasko. Zog er wirklich gar nicht in Erwägung, dass sein Bruder sich einfach keine Mühe gab? Aber schön, wenn es so einfach war...
Chasko baute kurz ein wenig Kraft auf, als wollte er sich ein letztes Mal gegen Nouk stemmen, hob seinen Arm dabei tatsächlich um ein paar Zentimeter an, ehe er einfach komplett nach gab und Nouk gewinnen ließ.
"Wow, Respekt. Das hätte ich dir gar nicht zugetraut."
Und er tat es immer noch nicht. Aber das musste Nouk ja nicht wissen. Wenn er diese kleine Lüge glaubte - umso besser für sein Ego. Und wenn das dazu führte, dass Nouk jetzt endlich Ruhe gab, dann war das auch ganz und gar in Chaskos Sinn.
"Dein linker Arm muss bei dir wohl der stärkere sein. Echt bemerkenswert."

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Nouk starrte im ersten Moment voller Unglauben auf seinen Arm, ehe er triumphierend zu Chasko aufblickte.
„Wow! Ich bin ja echt nicht so schlecht! Hast du das gesehen?! Ich mein... ja, klar, hast du... aber du hattest doch noch mal Kraft und dann hab aber ich gewonnen und...“, Nouk blubberte total fröhlich und stolz vor sich hin, ehe er kurz innehielt und zu Chasko sah, als wäre er der allertollste Vampir auf Erden.
„...das kommt bestimmt von den Trainingstipps, die du mir mal gegeben hast!“
Oh ja, Chasko bekam seine Ruhe, allerdings vielleicht auch ein wenig zu viel falsche Anerkennung...
„Ich mein, davor warst du unbesiegbar und jetzt gerade, obwohl dein rechter und dein linker Arm...“, plapperte Nouk weiter und musterte Chaskos genau exakt gleich aufgebaute und trainierte Oberarme noch einmal, ehe er innehielt. Er sprach seine nächsten Gedanken zwar nicht aus, aber es war auch möglich, in seinem Gesicht abzulesen, was er dachte.
Und seine Begeisterung war auch ordentlich eingedämpft.
„Hm...“, machte er nur und sah dann wieder vielleicht etwas zu ruhig zu Chasko hin.
„...also... du wolltest doch hier trainieren? Darf ich zusehen? Ich will auch gar nicht mitmachen, keine Sorge...“

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Das war ein kurzer Freudenjubel. Nouk hatte es begriffen. Natürlich, ganz blöd war er auch nicht. Chasko war schon drauf und dran, sich zu entschuldigen, ließ es dann aber doch. Die Situation war Nouk sicher jetzt schon unangenehm genug.
"Wieso solltest du nicht mit machen dürfen?"
Aufmunternd lächelte er seinen Bruder an.
"Du hast mir sehr geholfen beim letzten Mal. Ernsthaft."
Das wars. Das würde Nouks Laune sicher heben.
Chasko zog das Spiegelschwert aus der Scheide und schwang es locker durch die Luft.
"Ich hab in den letzten Wochen viel damit traniert und es liegt schon fast so gut in meiner Hand, wie Vsellénnaja."
Naja, das war etwas zu optimistisch formuliert. Das schwarze Schwert der Draculea war wie Chaskos Arm gewesen. Er hatte ein halbes Jahrteausend damit gekämpft. Es würde Zeit brauchen, ehe er mit einem anderen Schwert so gut werden würde. Viel Zeit.
"Das ist die ideale Ergänzung zu meiner Fähigkeit... siehst du."
Er formte eine Energiekugel in der freien Hand, ließ die kleinen Blitze über die Klinge gleiten, ehe sie aus der Spitze um ein vielfaches verstärkt hervor schossen und in einen Baum einschlugen, um ihn in der Mitte zu spalten.

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Nouks Augen waren erst groß, dann recht skeptisch geworden, als er Chaskos Aussagen folgte. Chasko hatte damit trainiert und war erfolgreich gewesen?
Wollte er ihn heute nochmal auf den Arm nehmen?
Entsprechend misstrauisch war er, als Chasko dann mit seiner Vorführung begann. Aber als der Stamm dann laut knallend entzwei sprang und das helle Holz darin derb splitterte, wich Nouks Misstrauen totaler Begeisterung.
„Wow!“, rief er aus, lief zu dem offenen Baumstamm und strich fasziniert über das noch warme Holz, über das noch einzelne, blaue Fünkchen irrten. Dann wirbelte er wieder fasziniert zu Chasko herum, um dann das Spiegelschwret noch einmal genauer zu betrachten.
Es war eindeutig das, das Nouk ihm geschenkt hatte.
Chasko hatte tatsächlich damit trainiert und konnte nun... das!
„Machs nochmal!“

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Chasko grinste zufrieden. Genau die Reaktion, die er sich erhofft hatte.
Er schloss seine beiden Hände um den Schertgriff und konzentrierte sich. Sofort schossen kleine Blitze aus ihnen und umnetzten die komplette Klinge. Glitzernd und leise knisternd tanzten sie auf der spiegelnden Fläche, wurden reflektiert und blieben doch brav an ihrem Platz. Chasko schwang das Schwert durch die Luft und ließ es auf den Felsen herab sausen, der ihnen eben noch als Tisch gedient hatte. Die Blitze fraßen sich durch das Gestein wie durch Butter und kleine Kiesel stoben staubend nach allen Seiten davon. Als sich Staub und Schmutz endlich legten, waren die Blitze um das Schwert verschwunden. Nur vereinzelt zuckte noch ein blauer Schimmer darüber hinweg. Der Fels war sauber in zwei Hälften geteilt worden, das Schwert aber hatte nicht einen Kratzer.
"Ohne die Blitze würde es zerbrechen. Es ist immerhin nur Glas. Aber wenn ich es richtig einsetze, ist es die perfekte Waffe."

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