Kapitel 28, Teil 1
So, jetzt endlich ist das neue Kapitel fertig. Bei einem Bild hab ich ungefähr 100 Versuche gebraucht, damit es genau so wird, wie ich wollte...aber das werdet ihr dann zu nem späteren Zeitpunkt bestimmt noch merken
Jetzt erst mal viel Spaß bei:
Kapitel 28, Teil 1:
Bellé Hodgers Herz machte einen Satz, als sie sah, wer vor der Schule auf sie wartete.
Ihr Freund. Bei dem Gedanken daran könnte sie immer noch vor Freude in die Luft springen. Sie hatte zwar nach wie vor keine Ahnung, warum er ausgerechnet mit ihr zusammen war und nicht mit einem großen, vollbusigen Supermodel, immerhin bei seinem Aussehen wäre das durchaus im Rahmen des Möglichen. Doch eigentlich war das auch gar nicht mehr wichtig. Bellé schwebte auf Wolke 7 und der Hormoncocktail in ihrem Blut hatte ihren Verstand sowieso schon seit geraumer Zeit lahmgelegt. Andrae begrüßte sie mit einem Kuss. „Na, wie war Simlisch?“
„Eigentlich ziemlich cool, wir lesen gerade Hamlet, und ich bin ein riesen-großer Shakespeare- Fan!“ Sie blieb stehen, führte den Handrücken an die Stirn und begann mit theatralischer Stimme zu rezitieren:
"O, I die, Horatio!
The potent poison quite o'ercrows my spirit.
I cannot live to hear the news from England,
But I do prophesy th' election lights
On Fortinbras. He has my dying voice.
So tell him, with th' occurrents, more and less,
Which have solicited."
Andrae ergänzte: „The rest is silence“. Also ich finde, das hätte gleich mal der ERSTE Satz sein können, damit hätte er der Menschheit viel erspart.“
Bellé wusste, dass er sie nur ärgern wollte, darum entgegnete sie schnippisch: „Ja ja, und wer von uns beiden hat „Romeo und Julia“ unter seinem Kopfkissen liegen?“
„Das ist was ganz anderes, bei der Geschichte hat er ausnahmsweise mal nicht gepatzt.“
„So, so Hamlet ist also ein Patzer? Sprich das in England laut aus und du wirst gesteinigt!“
„Pah, also die Engländer…“
So ging das noch eine ganze Weile weiter. Sie neckten sich und diskutierten, wer der beste Renaissance-Autor sei. Bellé bemerkte, dass sie richtig schlagfertig sein konnte, ab und an. Die Diskussionen mit Andrae gefielen ihr. Er lockte sie ein wenig aus ihrem Schneckenhaus und allmählich fing sie sogar an sich etwas selbstbewusster zu fühlen. Andrae tat ihr einfach gut. Sie waren absolut füreinander bestimmt. Zwar waren sie noch nicht lange zusammen, doch für Bellé war klar, dass sie ihn eines Tages heiraten würde.
Viel zu schnell standen sie vor dem kleinen Bistro, in dessen Hinterzimmer die Treffen stattfanden. Bellé wollte nicht hinein, noch immer machte ihr die Konfrontation Angst.
Eigentlich konnte sie sich gar nicht mehr daran erinnern, wann sie mit dem Stehlen angefangen hatte. Es kam ihr so natürlich vor. Ein Reflex, wie atmen. Ob in Kaufhäusern, in der Schule oder sogar beim Arzt, wann immer sie konnte, steckte sie etwas ein. Es war wie ein Zwang, sie konnte einfach nicht anders. Stehlen machte sie glücklich. Natürlich überkam sie sofort danach ein schlechtes Gewissen und nachts schlich sie sich aus dem Haus, um die Sachen zurück zu geben. Bellé schien sogar ein natürliches Talent für derartige Tätigkeiten zu haben. Bisher war sie nur einmal erwischt worden und zwar an dem Tag nach dem Michael verschwunden war.
So depressiv wie sie war, wusste Bellé, dass nur ein wirklich großer Coup die bösen Gedanken verscheuchen würde. Also schlenderte sie tagsüber in den luxuriösesten Juwelierladen in Hidden Springs und stahl einen Diamantring aus der Theke, doch der Laden besaß natürlich ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem und der Alarm ging los. Eigentlich hätte sie es besser wissen müssen. Welcher Juwelier ließ seine Schmuckstücke schon ungeschützt? Vielleicht wollte sie ja insgeheim auch erwischt werden oder die Traurigkeit hatte sie einfach unvorsichtig gemacht, Bellé wusste es nicht. Sie wollte auch nicht darüber nachdenken, denn sie versuchte alles was mit ihrem Zwang zu tun hatte zu verdränge.
Zu ihrem Glück war der Juwelier ein älterer Herr und sehr freundlich. Bellé redete lange mit ihm. Noch als die Sonne schon lange untergegangen war, erzählte sie von den Diebstählen, von Michael, ihrer Familie und vor allem von ihrem Vater.
Irgendwie tat es gut das ganze endlich mal jemandem erzählen zu können und da sie den Mann ja kaum kannte, war es ihr auch ganz egal, was er von ihr dachte.
Schließlich bot der Juwelier ihr einen Deal an, er würde keine Anzeige erstatten und ihre Eltern auch nicht benachrichtigen, wenn sie in eine Selbsthilfegruppe gehen und ab und zu gratis in seinem Laden aushelfen würde. Bellé versprach es und sie hatte die Angewohnheit ihre Versprechen auch zu halten. Daher erzählte sie ihrer Mutter von einer neuen Kunst-AG, in die sie unbedingt wollte und schon am nächsten Freitagabend, stand sie vor dem kleinen Bistro und versuchte all ihren Mut aufzubringen, um hinein zu gehen. Sie schaffte es nicht. Gerade, als sie sich umdrehen und wegrennen wollte, stürzte sie in einen Jungen hinein, Andrae. So lernten sie sich kennen.
Bellé atmete noch einmal tief durch. Ihr Freund schien ihre Angespanntheit zu bemerken. „Hey, Kleines, kein Grund durchzudrehen. Wir haben hier alle dasselbe Problem, klar? Niemand verurteilt dich!“ Bellé nickte und versuchte unerschrocken auszusehen. Warum Andrae angefangen hatte zu stehlen, wusste sie nicht. Er sprach nie über den Auslöser, auch nicht in der Gruppe. Doch der Leiter, ein Sozialarbeiter in den 40gern, meinte das sei ok. Sie ständen ja noch ganz am Anfang der Therapie und da wäre es normal, nur langsam Fortschritte zu machen. Bellé hatte sich als erstes Ziel fest vorgenommen sich nicht mehr krankhaft abzulenken, wenn ihre Gedanken um das Thema kreisten und zu versuchen sich mit ihrem Problem auseinanderzusetzen. Sie wollte es nicht mehr ignorieren.
Lächelnd zog sie Andrae an sich und gab ihm einen Kuss.
Ab jetzt wollte sie mutig sein.
Nach einiger Zeit löste sich Andrae aus ihrer Umarmung. „Hey, sag mal, ich wollte dich noch bitten über was nachzudenken, ja? Ich weiß nicht so richtig, wie ich das jetzt cool formulieren soll...also, öhm...sag ichs mal einfach frei heraus. Wärst du eigentlich schon bereit mit mir zu schlafen?“ Bellés Lächeln erstarb.
Gut, dass mit dem mutig sein, musste sie noch einmal überdenken.
„Ja, genau, stirb du dreckiger Hurensohn!“
Etwas perplex sah Liam seinen Freund an. Doch Alex zuckte nur mit den Schultern. „Was denn? Mann, bei Shootern muss man n bisschen aggro sein, sonst spielt man nicht gut!“ Eigentlich mochte Liam den etwas älteren Jungen. Alex war vor einem Monat neu in die Klasse gekommen und sie hatten sich schnell angefreundet. Auf eine seltsame Art und Weise war er ihm gleich vertraut vorgekommen. Alex war ein richtiger Draufgänger, genauso wie Liam sich bemühte zu sein, doch schlussendlich scheiterte er selbst meist darin.
Alex pfefferte den Kontroller in die Ecke. „Eigentlich hab ich jetzt grade eh keine Lust auf zocken." Er stand auf und ging zum Fenster. Vor der Haustür stand gerade Lana, die vom Joggen zurückkam und sich dehnte. Alex stieß einen leisen Pfiff aus. „Also deine Schwester ist schon echt ganz schön heiß…hat sie eigentlich nen Freund?“ Etwas angewidert antwortet Liam: „Nein, hat sie nicht. Sie hatte mal einen, aus ihrer Stufe, aber jetzt läuft da nichts mehr zwischen den beiden. Aber Mann, mal ernsthaft, ich bitte dich! Das ist meine Schwester, ok?! Halt dich zurück!"
„Ja, ja Bros before Hoes, ich versteh schon. Aber schade ist es allemal.“ Mit einem wehmütigen Blick wandte er sich vom Fenster ab. „Na gut, Alter, ich bin ja nicht nur zum Spaß hier. Machen wir dann mal Geschichte? Wenn ich schon wieder so nen Brief nach Hause krieg, killt mich mein Vater!" Mit einem leisen Seufzer stand Liam auf und schaltete den Fernseher aus. Er wusste genau, dass "Machen wir dann mal Geschichte" darauf hinauslief, dass er die Hausaufgaben erledigte, während Alex ihm von irgendwelchen Mädchen vorschwärmte, mit denen er etwas gehabt hatte. Doch eigentlich machte ihm das nichts aus, nur wünschte er sich manchmal auch etwas zu erzählen zu haben.
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Da Vinci, Bitte kommen!
Math is like love; a simple idea, but it can get complicated. (R. Drabek)
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