Wie so oft liefen Shady und Dschingis die ganze Nacht hindurch, auf der Suche nach einer Lagerstätte. Der Wald war größer, als zuerst angenommen. So weit sie auch liefen, er schien kein Ende zu nehmen. Nirgendwo war auch nur der kleinste Hinweis auf ein Dorf. Und mit jedem weiteren Meter wurden Shadys Schritte immer schwerer und langsamer. Die Kälte aus der nassen Kleidung auf ihrer Haut hatte sich langsam aber sicher in ihren schlanken Körper geschlichen und zehrte nun an ihren Kräften. Besorgt blickte Dschingis zu ihr auf. Er wusste, dass sie die Zähne zusammen biss. Sie jammerte nicht und genau das drängte den Waschbären dazu, schnell einen warmen Unterschlupf zu finden. Denn wenn das sonst so zickige, launische und vorlaute Mädchen mal keinen Laut von sich gab, dann konnte man davon ausgehen, dass es ihr wirklich schlecht ging. Wenn er sie doch nur in einen hohlen Baumstamm oder in ein Erdloch hätte stopfen können. Aber Menschen brauchten einfach etwas mehr Platz. Und sie brauchten eine warme Decke, immerhin hatten sie kein Fell. Und so was krankheitsanfälliges wollte die Welt regieren.
Shady schlang ihre Arme um ihren Oberkörper und blickte zum Himmel auf. Es würde bald hell werden. Wieder eine Nacht ohne Schlaf. Sie wusste gar nicht mehr, wann sie das letzte Mal so richtig geruht hatte. War schon eine Weile her. Müde zählte sie die Sterne, die noch am Himmel standen und ebenso hell leuchteten, wie Shadys Augen.



„Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sie-huah!“
Dummerweise war sie während dem Zählen einfach weiter gelaufen, hatte nicht mehr auf ihren Weg geachtet und war schließlich über eine Wurzel gestolpert. Ihre Reflexe funktionierten noch gut genug, so dass sie sich mit den Armen auffing, anstatt ihre Nase in den Boden zu rammen. So riss sie sich jetzt eben die Handflächen am Kies auf.
„So eine verdammte...“
Sie bedachte die Situation, den Tag und überhaupt alles, was ihr einfiel mit zahllosen nicht jugendfreien Flüchen, bis ihr auffiel, dass das nicht ein einziger Kiesfleck im Wald war, auf dem sie gelandet war. Es war eine Straße, die man mit Kies aufgeschüttet hatte. Und Straßen führten zu Städten. Vor Freude machte Shadys Herz einen Sprung und schnell war sie wieder auf den Beinen.
„Perfekt! Wir müssen nur der Straße folgen, dann kommen wir schon irgendwo hin, wos was zu Essen und nen Schlafplatz gibt!“
Dschingis war nicht ganz so optimistisch wie Shady. Misstrauisch zog er eine Augenbraue hoch. Er mochte keine Menschen. Und die Aussicht, am Tag in eine fremde Stadt einzumarschieren gefiel ihm ganz und gar nicht.
„Und in welche Richtung willst du gehen? Du weißt doch gar nicht, wie weit es ist!“, protestierte er.
Shady wusste darauf natürlich keine Antwort. Sie kannte sich in der Welt genauso wenig aus, wie Dschingis.
„Naja, ich würd sagen, wir gehen nach rechts. Weil rechts bekanntlich der rechte Weg ist und wir wollen ja nicht vom rechten Weg abkommen.“, begründete sie schließlich ihre Entscheidung, als sie sich nach rechts wandte. Dschingis aber blieb stehen und sah sie skeptisch an.
„Was is das denn für ne dämliche Argumentation? Wenn wir auf der anderen Seite des Weges stehen würden, dann wäre links rechts und links wäre der rechte Weg.“
„Blödsinn.“, widersprach Shady.
„Links kann nicht der rechte Weg sein. Nur der rechte ist der rechte Weg.“



„Ja schon, aber wenn man so steht, dass rechts links ist und links rechts, dann nicht.“
Die Diskussion ging noch eine Weile hin und her, als Dschingis plötzlich die Ohren spitzte und Shady bedeutete still zu sein.
„Da kommt ein Wagen. Von links. Schnell, ins Gebüsch!“
Gesagt getan. Schon waren die beiden in die Büsche gesprungen, um sich dort zu verstecken. Keine Sekunde zu früh. Jetzt hörte auch Shady das Klappern von Hufen, als ein mit einem Pferd bespannter Wagen um die Kurve fuhr und so in ihr Sichtfeld kam. Zwei Männer saßen auf ihm. Der ältere von ihnen hielt die Zügel, der jüngere saß daneben und warf ab und an einen Blick nach hinten, um sich zu versichern, dass sie auch nichts von ihrer Ladung verloren. Auf dem Wagen türmte sich das Heu so hoch, dass sie aufpassen mussten, wann immer ein Ast weit auf die Straße hinaus reichte, der es ihnen herunter reißen könnte.
„Das ist unsre Chance.“, flüsterte Shady ihrem Waschbären zu.
„Die fahren bestimmt zur nächsten Stadt. Oder zumindest zu einem Hof. Da fahren wir mit.“
„Was?“, fragte Dschingis ungläubig.
„Willst du sie fragen, oder was? Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass die uns freiwillig mit nehmen!“
„Wer hat denn was von freiwillig gesagt?“
Shadys Augen blitzten frech auf, als sie Dschingis einfach packte, und in dem Moment, als der Wagen direkt an ihnen vorbei fuhr ins Heu warf, bevor er irgendwie dagegen protestieren konnte. Dann hopste sie so schnell sie konnte selbst aus dem Gebüsch und kletterte auf den Wagen. Aber als sie sich an einem der morschen Holzbrettern festzuhalten versuchte, brach es knackend auseinander. Beinahe wäre Shady rückwärts wieder runter gefallen, aber sie konnte sich gerade noch fest halten und ins Heu huschen, ehe der Jüngere sich umdrehte und den Hals streckte, um den Ursprung des knackenden Geräusches auszumachen.
„Heinrich, der Wagen bricht!“



„Nein, Herr, der Wagen nicht. Es ist ein Band von meinem Herzen, das da lag in großen Schmerzen, als Ihr in dem Brunnen saßt, und noch eine Fretsche wast.“
Der Jüngere zog eine Augenbraue hoch, als er diese Antwort des Älteren hörte.
„Heinrich... hast du wieder getrunken?“
Schuldbewusst senkte der Ältere den Blick.
„Nur ein klitzeklein wenig, Herr.“, lallte er.
„Kaum mehr, als ein paar Schluck.“
„Ja, deine paar Schluck kenn ich! Gib mir die Zügel. Du lenkst uns am Ende noch in einen Graben.“
Shady atmete erleichtert auf, als der junge Mann darauf verzichtete, die Tauglichkeit des Wagens zu überprüfen und grinste Dschingis triumphierend zu. Er aber wendete höchst beleidigt den Kopf ab.
„Ich hasse es, wenn du mich durch die Gegend wirfst. Das ist entwürdigend!“
Shady verdrehte die Augen.
„Krieg dich wieder ein. Es hat doch alles wunderbar funktioniert, oder etwa nicht?“
„Pff. Ob es funktioniert hat sehen wir erst, wenn wir irgendwo ankommen. Wer weiß, wo uns diese Männer hin bringen. Bestimmt landen wir wegen dem Suffkopf doch noch in einem See. Oder der Jungspund fährt zu schnell und setzt uns gegen einen Baum!“
„Mein Gott, jetzt sieh doch nicht immer alles so negativ. Das wird schon passen.“
Klappernd und Ruckelnd setzte der Wagen mit den beiden Blinden Passagieren seine Fahrt fort, hinaus aus dem Wald und vorbei an Wiesen und Feldern.
Die Sonne schien und es war ein herrlich warmer Tag.
„Sieh nur Dschingis, die vielen Blumen.“, meinte Shady begeistert.
„Sonnenblumen, Mohn, Wildrosen...“
Sie versuchte die verschiedenen Sorten zu identifizieren.
„Die violette kenn ich nicht. Was ist das Dschingis?“
„Weiß nich...“
Der Waschbär sah nicht mal hin. Er hatte sich neben dem Mädchen ausgestreckt und ließ sich die Sonne auf den Bauch scheinen. Sie wollte schon mit ihm schimpfen, weil er ihr doch helfen sollte, die verschiedenen Pflanzen kennen zu lernen. Immerhin musste sie als Hexe doch Zaubertränke daraus brauen können. Aber als sie ihn so da liegen sah, musste sie doch schmunzeln. Liebevoll kraulte sie ihn hinter den Ohren und Dschingis gab ein zufriedenes Murren von sich.
Eigentlich war es ihr sowieso nicht gar so wichtig, ihre Hexenkräfte auszubauen. Sie kamen so doch auch wunderbar zurecht, so lang sie nur einander hatten.



„Shady, wach auf, wir sind da!“
Dschingis war auf Shadys Schoß gesprungen, um das schlafende Mädchen wach zu rütteln. Letztendlich hatte die Müdigkeit doch über sie gesiegt und sie war ein genickt. Als sie sich müde die Augen rieb fiel ihr auf, dass sich das Klappern der Hufe jetzt anders anhörte, als zuvor. Sie waren nicht mehr auf dem Kiesweg, sondern überquerten eine hölzerne Zugbrücke. Die Sonne glitzerte auf der Wasser im Graben und blendete Shady für einen Moment. Sie blinzelte und erst jetzt konnte sie die eindrucksvollen Türme der Burg sehen.
„Wow...“
Sie und Dschingis waren schon in vielen Dörfern und Städten gewesen, aber so groß und schön waren die Bauten dort nie gewesen.
„Schnell, wir müssen abspringen, bevor sie die Zugbrücke zu machen! Sonst sind wir gefangen!“
Alarmiert sprang Dschingis neben seiner Freundin auf und ab. Aber die machte keinerlei Anstalten, seiner Ansage Folge zu leisten. Stattdessen schüttelte sie den Kopf.
„Ich will da rein! Da gibt’s bestimmt was zu Essen!“
Außerdem war sie einfach zu neugierig. Sie wollte sehen, ob die Burg auch von innen so pompös aussah.
Die Sonne verschwand für einen kurzen Moment, als sie durch das breite Tor und den Raum dahinter fuhren. Innerhalb der dicken Mauern war es plötzlich ganz kalt und ein Schütteln ging durch Shadys Körper. Aber der Anblick, der sich ihr dann bot war diese kleine Unannehmlichkeit wert. Vor Staunen blieb Shady der Mund offen stehen. Die Burg hatte von außen schon prunkvoll ausgesehen, aber vom Innenhof aus war sie noch viel schöner.



Hohe Bögen säumten auf einer Seite ihren Weg. Links von ihnen waren die Ställe für die Pferde und die Nutztiere, und natürlich auch die Häuser der Bauern, die diese versorgten. Zu ihrer Rechten konnte Shady einen wunderschönen Garten mit einem Labyrinth überblicken. Aber all das war nichts, gegen das Schloss, dessen Türme bis in den Himmel zu reichen schienen. Es lag höher, als der Rest der Burganlage. Sicher konnte man von dort aus das ganze Land überblicken.
Der Wagen hielt an und Dschingis biss Shady fest in die Seite. Sie konnte einen erschrockenen Schmerzensschrei gerade noch unterdrücken.
„Hast du sie noch alle?“, fuhr sie ihn leise, aber dadurch nicht minder böse an.
„Ich schon, aber du offensichtlich nicht! Schnell! Wir müssen uns verstecken, bevor sie den Laden abladen und uns finden!“
Da hatte er nicht ganz Unrecht. Eilig kletterten die beiden vom Wagen, bevor irgendjemand die Gelegenheit hatte, sie zu entdecken und schlichen zum erstbesten Stall, um sich darin zu verstecken. Nur ein alter Gaul, der lustlos aus seinem Wassertrog trank blickte auf, als sie sich hinein stahlen. Er schnaubte desinteressiert auf und widmete sich seinem Futter, als Shady und Dschingis über die aufgetürmten Heuballen hinweg in den hinteren Teil des Stalles kletterten.
„Hier finden sie uns bestimmt nicht so leicht.“, flüsterte Shady siegessicher.
„Und es ist warm genug, um zu schlafen. Und wenn wir Hunger haben schleichen wir einfach raus und holen uns was aus den Gärten oder fangen ein Huhn. Das wird super! Wir könnten einfach hier bleiben!“
„Klar. Für immer.“
Dschingis verdrehte die Augen. Shady war schon sehr naiv und blauäugig, wenn sie glaubte, dass man auf einer Burganlage wie dieser ewig unentdeckt leben könnte. So groß war sie nun auch wieder nicht. Aber er wollte ihr ihre niedlichen Zukunftsvisionen nicht gleich wieder ausreden. Dafür waren sie beide viel zu müde. Also kuschelte er sich stattdessen zu seiner Freundin ins Heu und so schliefen sie aneinander geschmiegt ein.

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Wheeeeeey! Burg! Nouk! Burg! Shady! Burg! Dschingis! Burg! Alle da! Verstecken! Chaos! Mal schauen, was passiert! *-*
Ohhh, ich weiß ja echt nicht allzu genau, was du vorhast, aber ich wills UNBEDINGT wissen! x3
Shady is voll niedlich und Dschingis immer noch cool. Ich liebe diesen Waschbären. Erissosüßundsoknuffigundsosarkstisch >___<
Das Kapitel war fein :3 Ich mags, wie du so flißeend erzählst, aber trotzdem immer irgendwie spannend aufhörst, so a la, man MUSS weiterlesen wollen. Es gibt keien andere Möglichkeit. Obwohl du nicht mal direkt erwähnst, dass irgendwas total Spannendes gleich abläuft xD
Die Bilder sind toll *-*
Ich wusste gar nicht, dass man das mit einem Wagen so machen kann o.o
Und die Posen... also die machst du immer perfekt, wie Screenshots aus nem Film, aw :3

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Sehr schön bisher ich liebe diesen Waschbären jetzt schon, so knuffig der kleine bin gespannt wie es weitergeht in dem Märchen!

hach ich liebe deine Story,
der Waschbär ist cool, hab den schon ins Herz geschlossen. Auch Shady scheint einiges durchmachen zu müssen. Klar sie fällt auf, durch ihr äußeres Erscheinungsbild, auch ihren bisherigen Charakter find ich cool, so sorglos, was dem Waschbären ja schon wieder nervt.

*ichliebesieichliebesieichliebesieichliebesie*

Deine Bilder sind einfach klasse, die kulisse traumhaft, und alles andere großartig.
Zusammengeschnürt weiss ich jetzt schon das es eine *supimegadollefantastischgroßartige* FS wird. Schreib schnell weiter......

was ich noch sagen wollte das was Shady anhat gefällt mir tootal *-*
wo hast du das her??

@Bienchen: Boah, da fragst du mich was xD
Das is eigentlich ein Outfit aus die Sims Mittelalter. Ich bin da in irgendeinem Forum auf ein paar Leute gestoßen, die total viele Klamotten, Möbel usw. daraus für Sims3 gemacht haben und musst mich dann durch bestimmt 100 Downloads wühlen, um dieses eine Outfit zu finden -.-
Kurz: Ich kann dir wirklich nicht genau sagen, wo und wie ich das letztendlich gefunden hab :/ Tut mir leid. Ich könnt höchstens versuchen, herauszufinden, welche Datei das is und dir die schicken.

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Ein schöner Teil, musste voll lachen bei dem Satz
Habs mir echt Bildlich vorgestellt, wie da so ein süßer Waschbär sitz, schmollt und dann Motzt.

Das Schloss ist traumhaft, hast du es selbst gebaut?

Und was ich toll finde, das alles so Mittelalterlich ist, einfach klasse. Die Trachten die sie tragen und... alles eben.

Ich freue mich auf den nächsten Teil und darauf was Shady noch alles so erlebt. Aber die Teile sind immer so kurz, ich möchte gar nicht aufhören zu lesen.

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Meine FS: Wendepunkte

1. Echt schönes Kapitel Kitten und
2. Du hast dir ja ganz schön mühe gegeben mit der Stadt (Burg) oder?
Die Burg sieht soooo Hammer aus *-*

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Also erst mal, Dschingis ist der geilste.xD
Seine Kommentare sind immer wieder göttlich und es ist ja schon auf eine gewisse Art und Weise niedlich, wie sich die beiden immer gegenseitig fertig machen. Ich finde, wenn man sowas kann, ohne aufeinander sauer zu sein, ist es wahre Freundschaft.xD
Bisher gefällt mir die Geschichte einfach nur richtig gut, da ich auf Märchen stehe und aufs Mittelalter sowieso! Den ganzen Hexenkram finde ich mega spannend und auch die Rolle von Shady finde ich spitzenmäßig. Die ganze Zeit auf der Flucht und muss sich vor alles und jedem in Acht nehmen! O:
Und dass der Kutscher der Hottie auf dem Titelbild ist, ist ja wohl nicht zu übersehen. Ich bin ja schon gespannt, wann er zum EInsatz kommt und ich will wissen wie der heißt und ob der irgendeine hohe Position hat.o:

Also Kitten, hau in die Tasten! Ich will mehr! *_*

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Super Anfang für die Story! Ich liebe solche Geschichten, besonders wenn ein Gespann wie die beiden drin vorkommen!

Ich bin gespannt, was noch passiert… Weiter so!

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Andere Stories: 1. Just a Fool | 2. Frankie geht aufs Ganze | 3. Zuckerkuss | 4. Run to you

Ich mag Dschingis. *-*
Diese Diskussion der beiden, ob sie nach links oder rechts gehen sollten, fand ich einfach total süß. ^^
Die Bilder sind wirklich schön ausgewählt und entsprechen der Vorstellung, wenn man den Text liest. Ich bin und bleibe ein Fan dieser Story.

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The "earth" without "art" is just "eh".