Das Dorf schmeißt nach und nach die Zettel in die Urne. Bei dir gibt es keinen Stopp – im Gegenteil. Du hast nur noch das eine Ziel vor Augen: Zu wissen, wer dir das angetan hat. Ein Blick auf deinen Körper reicht aus und alles fühlt sich so an, als ob es wieder real ist. Deine Flucht in dem Gewitter. Und dieser Vollmond. Der ist inzwischen dem Dorf auch schon aufgefallen. Die Gelehrten vermuten, dass er einfach stehen geblieben sein muss, was den permanenten Vollmond erklärt. Die Ältesten vermuten, dass die Wölfe dafür verantwortlich sind. Er scheint, eine Art Macht auf sie zu haben…


Die Auslösung war der reinste Horror. Man hörte immer wieder Klagelaute, wenn ein Name eines Freundes, eines Nachbarn, eines Familienmitgliedes gezogen wurde. Wer würde auch nicht auf einmal Angst bekommen? Dein Mut von vorhin ist auf einem Mal verschwunden. Deinen Namen hört man selbstverständlich nicht, aber du kannst es dir nur zu gut vorstellen, wie es ist, wenn man plötzlich seinen Namen auf dem Schild sieht. Bei Pota, Siena, Linny und Elin sieht mein schon einige Striche. Elin schaut schreckhaft, da sie ja einen schlechten Eindruck durch den Raben bekommen hat, Pota leicht überrascht und Linny und Siena halten sich fest an den Händen.



In der Urne können nicht mehr viele Zettel sein. Der letzte Zettel, der letzte Strich, das Ergebnis steht fest. Du bist völlig überrascht. Du hättest mit allen anderen gerechnet, aber nicht damit. Ein lauter Schrei weckt dich aus deinen Gedanken. Er kommt von Siena. Sie ist es aber gar nicht. Aber dennoch ist sie so sehr getroffen.
„Pscht, es wird alles gut. Wir werden uns wieder sehen“, spricht Linny zu ihrer Schwester, die sie immer noch schreiend fest an sich drückt, in der Hoffnung, sie damit vor dem Tot zu bewahren. Zwei selbsternannte Wachen kommen zu ihnen und versuchen sie zu trennen. Trotz aller Versuche von Siena ist es für sie ein Leichtes. Während der eine Linny nach vorne führt, hält der andere Siena fest, welche immer noch schreit und bittet, ihr Leben zu verschonen. Du kannst nur, wie alle anderen auch, diese Bitte und die Trauer, die dahinter steckt, nur herzlos ignorieren und zur Seite schauen.


Bevor Linny vorne angekommen ist, kann sich Siena losreißen und rennt ihr hinterher. Sofort kommt die Wache hinterher. Doch bevor sie da ist, meldet sich Tausendfach zu Wort: „Es sei ihr erlaubt, bei ihr zu sein.“
Hand in Hand laufen sie nach vorne. Vorne angekommen umarmen sie sich nochmal zum Abschied, bis Linny flüstert, dass es Zeit sei und auf die Bühne läuft. Siena fällt in sich zusammen und drückt ihr Gesicht auf ihre Hände.



Dann wird Linny die Schlaufe um den Hals gelegt und mit einem kräftigen Ruck an dem Hebel baumelt sie anschließend einen Meter über dem Boden. Als Siena hinsieht, fällt sie in Ohnmacht, wird von einem Ärzteteam aufgehoben und in einen Rollstuhl neben dir hingesetzt. Obwohl sie es gar nicht merkt, nimmst du ihre Hand und hältst sie fest zwischen deinen, während alle darauf warten, dass es etwas passiert. Es passiert auch etwas. Linny fängt an, sich zu verwandeln. Aber nicht in einen Werwolf, nein, in eine große stämmige Person. Sie sieht aus, wie die Person, die du in deinem Traum beim Vorbeirennen vor dem Haus gesehen hast.


Linny war kein Wolf. Noch an dem Abend wird sie begraben. Alle wünschen sich, dass sie das rückgängig machen könnten. Ganz besonders ihre Schwester, welche noch den ganzen Abend da sitzt und weint. Der Dorfplatz wird schnell leer, denn man kann schon wieder den Mond sehen. Da Siena wegen ihrer Ohnmacht noch etwas in Krankenaus bleiben muss, wird sie wenig später auch von einer Schwester geholt. Du teilst dir übrigens ab sofort dein Zimmer mit ihr. Sie schläft jedoch früh ein und du folgst ihr kurze Zeit später.